Die KW Institute for Contemporary stellen im Zuge der institutionellen Umstrukturierung das zukünftige Programm unter der Leitung des neuen Direktors Krist Gruijthuijsen vor.
Nach 25-jährigem Bestehen knüpfen die KW an ihre bisherigen Erfolge als lebendige Plattform für progressive künstlerische Praktiken an und bauen ihre Position als lokaler Knotenpunkt für ein experimentell, diskursives Programm mit dem Anliegen aus, jeden Bereich innerhalb des Programms durch den Blickwinkel künstlerischer Visionen zu filtern. Die Untersuchung einzelner künstlerischer Praktiken und Themenkomplexe liefert dabei die Grundlage für aufeinander bezogene Ausstellungen und Auftragsarbeiten, die gestaffelt über das Jahr präsentiert werden.
Nach einer kurzen Renovierungsphase widmen sich die KW im Januar 2017 der Arbeit des Künstlers Ian Wilson mit drei korrespondierenden Einzelausstellungen von Hanne Lippard, Paul Elliman und Adam Pendleton. Wilsons Werk ist physisch in die drei Ausstellungen eingebettet und stellt den Rahmen, um Sprache und Kommunikation ebenso in den Blick zu nehmen, wie den allgemeineren Stellenwert zwischenmenschlicher Interaktion. Im Geiste von Wilsons Ansatz werden unter dem Titel The Weekends eine Serie von in Auftrag gegebener oder für die KW adaptierter Performances, Lesungen, Vorträge und Events in und um die KW herum sowie im Berliner Stadtraum stattfinden. Dialog und der experimentelle Umgang mit Sprache bilden – angelehnt an Wilsons Werk – für das zukünftige Programm die Schlüsselstrategie, um den Austausch zwischen KünstlerInnen und dem Publikum in Berlin und an anderen Orten voranzubringen. Weitere zentrale Themen sind die Beziehung zum Anderen sowie die Bedeutung kultureller Adaption als Prinzip des globalen Zusammenlebens im Zeitalter von Migration und hybriden kulturellen Identitäten. Was ist das ‚Eigene‘ und was ist das ‚Fremde‘? Diese Frage ist substanziell in der Auseinandersetzung mit Themen wie kultureller Deutungshoheit, Autorenschaft, Autorität der Übersetzung sowie mit den moralischen und ethischen Vorstellungen von Kollaboration als einer kultur- und epochenübergreifenden Strategie.
Im Frühjahr 2017 untersucht eine Reihe von Ausstellungen die verschiedenen Politiken, die einer derartigen Verwendung von Sprache innewohnen. Den Anfang macht eine vom US-amerikanischen Künstler Jason Dodge kuratierte Gruppenausstellung, in der die künstlerische und theoretische Praxis von Ronald Jones zum gegenwärtigen politischen Klima in Beziehung gesetzt wird. Während der 1980er und 1990er Jahre arbeitete Jones mit disparaten, formalen und minimalen Idiomen und verwendete Geschichte dabei als Ausgangsmaterial. Jones setzte oft scheinbar Unzusammenhängendes nebeneinander und kontrastierte historische Ereignisse, Erfindungen, Entdeckungen, Gewalt und Angst miteinander. Er nahm dabei die komplexen Wechselverhältnisse verschiedener Ereignisse in den Blick, die unsere Wahrnehmung vom Selbst und der Welt bestimmen. Zeitgleich werden zwei Einzelausstellungen des australischen Künstlers Nicholas Mangan und des irakisch-kurdischen Künstlers Hiwa K, letzterer Preisträger des Kunstpreises der Schering Stiftung 2016, präsentiert. Mit Strategien der Geologie und Systemtheorie kartiert Mangans Arbeit unser (kolonialistisches) Verständnis von Land, Handel und Ökonomie. Hiwa Ks autobiografische Konstruktionen liefern dagegen den Hintergrund für performative Interventionen, mit denen die Politik der Migration und Flucht kritisch hinterfragt wird.
Im Herbst präsentieren die KW in einer Überblicksausstellung das Werk des niederländischen Künstlers Willem de Rooij. Zentral für de Rooijs Arbeit ist die Auseinandersetzung mit den ethischen und politischen Folgen der massenhaften Verbreitung visueller Medien sowie mit der Repräsentation von angeeigneten Bildern kultureller und historischer Artefakte und mit künstlerischen Quellen. Die Ausstellung in den KW zeigt zudem bedeutende Arbeiten, die de Rooij mit seinem früheren Partner Jeroen de Rijke unter dem Namen de Rijke/de Rooij realisierte. Diese Arbeiten werden zum ersten Mal seit mehr als einem Jahrzehnt der Öffentlichkeit präsentiert. Zur gleichen Zeit sind zwei Einzelausstellungen zu sehen, die eigens für die Ausstellung produzierte Auftragsarbeiten der britischen Künstlerin Lucy Skaer sowie eine neue Werkgruppe der deutschen Künstlerin Andrea Büttner präsentieren.
Unter dem Titel Pause werden in Zukunft bis zu dreimal jährlich jeweils für einen kurzen Zeitraum einzelne Arbeiten präsentiert. Pause fungiert als Unterbrechung des laufenden Programms und stellt Verbindungen zwischen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft her. Pause beginnt mit Anthony McCalls A Line Describing A Cone – einer ikonischen Lichtarbeit aus dem Jahr 1971, die im direkten Dialog mit Ian Wilsons Kreis- und Scheibenarbeiten aus den späten 1960er Jahren gezeigt wird.
Neben dem Ausstellungsprogramm werden die KW über die Grenzen der Ausstellungsfläche hinaus Auftragsarbeiten und ein ambitioniertes Veranstaltungs- und Vermittlungsprogramm präsentieren. Für die Auftragsarbeiten sind verschiedene Formate geplant, unter anderem die Wiederbelebung des KW Garten von atelier le balto, der von 2000 bis 2009 und im Rahmen der 9. Berlin Biennale für zeitgenössische Kunst bereits im Hof zu sehen war; eine Intervention von Philippe Van Snick im Eingangsbereich; sowie die Wiedereröffnung der legendären Pogo Bar in den KW, die von dem US-amerikanischen Künstler und Designer Robert Wilhite neu gestaltet wird. In Bob’s Pogo Bar werden wöchentlich von KünstlerInnen und anderen Kreativen konzipierte, einmalige Veranstaltungen stattfinden.
Die Serie A year with erforscht über den Zeitraum eines Jahres die Arbeit einflussreicher TypographInnen und DesignerInnen. 2017 untersucht der britische Typograph Will Holder, ausgehend von seinem Publikationsarchiv der letzten zwei Jahrzehnte, in Kollaboration mit ausgewählten Gästen seine gestalterische Praxis. Holders Zeitschrift F.R. DAVID wird in den KW – ihrem zukünftigen Mitherausgeber – eine neue Heimat finden.
Das Programm der KW Institute for Contemporary Art wird ermöglicht durch die Unterstützung des Regierenden Bürgermeisters von Berlin – Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten.
Die neuen Öffnungszeiten (gültig ab Januar 2017) finden Sie im Location-Profil der KW Institute.
Foto: © ART at Berlin – Stephanie Schneider
KW Institute – Jahresprogramm 2017 | ART at Berlin