bis 03.09. | #3486ARTatBerlin | FeldbuschWiesnerRudolph (FWR) zeigt ab 25. Juni 2022 die Ausstellung SHIFTS der Künstlerin Isabelle Borges.
„Wir sind unsere Erinnerung, dieses chimärische Museum inkonstanter Formen, dieser Haufen zerbrochener Spiegel.“ Jorge Luis Borges
Isabelle Borges ist eine Künstlerin, die sich mit einer souveränen Vielfalt wie Freiheit in ihrem künstlerischen Ausdruck auszeichnet.
Bereits der Ausstellungstitel „SHIFTS“ vermittelt etwas vom Gefühl der berückenden Leichtigkeit, mit der Isabelle Borges ihre minimalistischen wie architektonischen Gesten setzt und damit ihre gesamte neue Werkserie durchzieht. Diese besteht aus Malereien, Collagen und Objekten sowie einer raumumfassenden multidimensionalen Wandarbeit für die lichten Räume der Galerie.
Isabelle Borges, Duo 1.22, 2022, synthetisches Papier und Neonkarton auf Holz, je 40 x 20 x 3 cm
„Eines Tages, …, blieb mein Blick an einer ‚Zeichnung‘ hängen, die durch die abgebrochenen Äste der Wasserpflanzen entstand, die mitten im See standen (…).“ Isabelle Borges
Charakteristisch für Isabelle Borges sind ihre rhythmisch ausgewogenen Kompositionen. Sie bilden sich aus den tektonischen Linien im kontrastreichen Zusammenspiel mit den spiegelnden wie matten Oberflächen, aus Lichtern und Schatten, von neonleuchtenden wie pastelligen Farben, die auf die Wand und den Umgebungsraum reflektieren und aus der Korrespondenz zwischen partiell bearbeiteten wie roh belassenen Stofflichkeiten. Diese vermeintlich geometrischen Formen basieren auf der Strategie wiederholter Faltungen, Spiegelungen und Drehungen der Binnenformen, sog. „bewegte(n) Flächen“ (I.B.), die wiederum das Gerüst für einen verdichteten neuen Bildraum bieten. So öffnet Borges dem Rezipienten ein „Fenster“ für die optische wie körperliche Erfahrung mit ihren Werken.
Isabelle Borges, BLAU, 2022, acrylic on linen, 110 x 90 cm
Im Zusammenhang ihrer Bildgenese steht auch Isabelle Borges große Faszination für das „Mathematische Origami“, wie es aktuell Dr.Erik Demaine am MIT Massachusetts erforscht. Aus Algorithmen werden computerbasierte Geometrien für Faltungsprobleme entwickelt, um daraus nach alter japanischer Kunstform aus einem flachen Stück Papier komplexe dreidimensionale Objekte zu produzieren. Borges‘ Collagen der „Circle“-Serie experimentieren freikünstlerisch mit Demaines’ Beweis des „Fold-and-Cut Problem“.
Im mentalen Rückzugsort ihres Studios oder bei ihren Spaziergängen findet die Künstlerin auch zur Zwiesprache mit ihren Vorbildern wie den weiblichen Protagonistinnen der brasilianischen und europäischen Avantgarde. Lygia Pape, Lygia Clark oder Helio Oiticica – Vertreterinnen einer radikal neo-konkreten Bewegung Südamerikas der 1950er-60er Jahre – teilen ihre Mentalität, dem Alltäglichen mit nur minimalen Eingriffen eine überraschend poetische Anmutung zu entlocken. Genauso wichtig sind für Isabelle Borges die progressiven sog. „Bauhaus-Frauen“, die eine „eigene weibliche Moderne“ (Ulrike Müller) begründeten und wie Gunta Stölzl u.a. die Stichworte liefern, die auch Isabelle Borges in ihrem künstlerischen Schaffen umtreiben: Echtheit, Natürlichkeit, Einfachheit, Ganzheit.
Isabelle Borges (geb. 1966 in Salvador, Brasilien, lebt und arbeitet in Berlin) nahm im Anschluss an ihr Studium der Sozialwissenschaften in Brasilia das Studium der freien Kunst an den Kunstakademien in Rio de Janeiro und Düsseldorf auf. In Europa und Brasilien hatte sie mehrere Einzelausstellungen, u.a. im Brasilianischen Museum für Skulptur MUBE, São Paulo (2013) und im Museum der Republik, Rio de Janeiro (2000). Im Rahmen der 14. internationalen Curitiba Biennale bespielte sie jüngst einen grossen Saal im Museum Oscar Niemeyer, Curitiba (2019/2020). Ihre Werke sind in institutionellen wie privaten Sammlungen Brasiliens und Europas vertreten.
Vernissage: Samstag, 25. Juni 2022, 12:00 – 18:00 Uhr
Ausstellungsdaten: Samstag, 25. Juni bis Samstag, 3. September 2022
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