bis 28.06. | #4642ARTatBerlin | Galerie Max Hetzler (Goethestraße 2/3 & Bleibtreustraße 15/16) zeigt ab 01. Mai 2025 die Ausstellung „Ekimyula Ekijjankunene“ der Künstlerin Leilah Babirye.
Galerie Max Hetzler präsentiert Ekimyula Ekijjankunene (Die prächtige Groteske), eine Einzelausstellung mit neuen Arbeiten von Leilah Babirye in der Galerie Max Hetzler, Goethestraße 2/3 und Bleibtreustraße 15/16, Berlin. Dies ist die erste Einzelausstellung der Künstlerin in der Galerie.
Sprache und Geschichte bilden die Grundlage für Leilah Babiryes Werk. Ihre Skulpturen und Papierarbeiten leben von Themen der Neubesetzung und Vereinnahmung von Begriffen und Zuordnungen. Ihre Praxis ist durch die eigene Biografie, ihre Erfahrungen mit Homophobie überall auf der Welt, und mit der Anti-LGBTQ+ Gesetzgebung in Uganda beeinflusst, die sie zur Flucht in die USA zwang. In ihrer multidisziplinären Praxis verwendet sie Metall, Keramik, gefundene Objekte und handgeschnitztes oder mit der Kettensäge bearbeitetes Holz, wobei sie Elemente der traditionellen west- und zentralafrikanischen Ikonografie in einen zeitgenössischen Kontext bringt. Ihre Skulpturen präsentieren echte oder erdachte Portraits der queeren Gemeinschaft auf dem afrikanischen Kontinent sowie in ihrer neuen Heimat und repräsentieren eine stets wachsende LGBTQ+ Wahlfamilie. Während sie früher ihre Holzskulpturen durch Brennen bearbeitete, nutzt sie nun eine Vielzahl weiterer Techniken wie Nageln, Montieren, Weben und Polieren, um die Materialität der Arbeiten in den Mittelpunkt zu stellen, bevor sie sie mit gefundenen Materialien schmückt.
In der aktuellen Ausstellung werden neue Skulpturen aus Holz, glasierter Keramik und Bronze sowie eine Reihe von Zeichnungen auf Papier präsentiert. Der Titel bezieht sich auf die Ausgrenzung, die Mitglieder der LGBTQ+ Gemeinschaft erfahren und hebt gleichzeitig die Schönheit dieser Gemeinschaft und Babiryes Werk hervor. Der Begriff des Grotesken ist für die Künstlerin von besonderem Interesse, nicht nur durch seine kunsthistorische Bedeutung, sondern auch wegen des Dualismus, den er zwischen dem Abstoßenden und dem Schönen aufstellt. Diese Gegenüberstellung findet sich in vielen Details der Ausstellung wieder, von lebendig tropfenden Glasuren neben gebrauchten Reifen, bis zu glatt poliertem Holz neben rostigen Fundstücken. Kombiniert mit überlebensgroßen organischen Formen, die den Betrachter gleichzeitig einschüchtern und einladen, vereinen sich alle diese Elemente in dem, was Babirye Ekimyula Ekijjankunene (The Gorgeous Grotesque / Die prächtige Groteske) nennt.
Die Skulpturen reichen von einer kleinen Gruppe von Figuren über maskenartige Köpfe und Gesichter, bis hin zu monumentalen Totems. Die Größe und Präsenz der Arbeiten, die symbolisch den Raum um sich einnehmen, ist ein wesentlicher Aspekt von Babiryes künstlerischer Praxis. Einige der Köpfe sind von üppigen Kragen umfasst, andere Figuren tragen Körper- oder Haarschmuck aus ausrangierten Fahrradteilen, wie Ketten oder Reifen – für die Künstlerin ein Symbol des Fortschritts und der Bewegung. Als Motiv bezieht sich die Maske sowohl auf das westafrikanische Kunsthandwerk, dessen Technik Babirye sich angeeignet hat, als auch darauf, wie LGBTQ+ Personen in Uganda ihre Identität verbergen müssen. Weggeworfene Objekte in etwas Schönes umzuwandeln ist für Babirye Ausdruck der Resilienz der queeren Gemeinschaft. Ihre Mitglieder werden in der lugandischen Sprache mit dem abwertenden Begriff ebisiyaga bezeichnet, der den Teil des Zuckerrohrs beschreibt, der üblicherweise weggeworfen wird. Indem sie bewusst vernachlässigte Materialien wiederverwertet, zeigt Babirye die Schönheit im vermeintlich Wertlosen auf. Die Reihe von Papierarbeiten in lebhaften Farben mit dem Titel Kuchu Ndagamuntu (Queer Identity Card) zeigt Personen aus Queer- und Trans-Gemeinschaften oder Drag-Künstler*innen, die ihr im Alltag, auf der Straße oder unterwegs, aufgefallen sind und die sie aus dem Gedächtnis malt. Die Portraits fungieren als alternative Passbilder, in denen Ausdrucksfreiheit und wahre Identität unangetastet bleiben.
In den Räumlichkeiten in der Bleibtreustraße 15/16 reihen sich die Skulpturen des Werks Abambowa (Royal Guard Who Protects the King), 2025 nebeneinander auf einem Podest auf. Abambowa ist die Bezeichnung für die höchste Garde im traditionellen Königreich Buganda. Die Titel von Babiryes Werken beziehen sich häufig auf Namen aus dem ugandischen Clansystem der präkolonialen Geschichte, basierend auf Pflanzen oder Tieren. Dadurch schafft die Künstlerin ein Gefühl von Zugehörigkeit, das die Mitglieder der queeren Gemeinschaft zelebriert. Auch dem kodierten Begriff kuchu (‚queer‘), der sich in einigen Titeln wiederfindet wird eine würdevolle Bedeutung zuteil.
Babiryes Oeuvre vereint Tradition, Geschichte und persönliche Erlebnisse zu einer universellen Verbindung, die marginalisierten Gemeinschaften Sichtbarkeit und Würde verleiht und Resilienz und Vielfalt zelebriert. Vergangenheit und Fortschritt bilden hierbei keinen Gegensatz: „Ich sage immer, wenn man seine Geschichte vergisst, dann weiß man nicht, wer man ist und wohin man geht“, so die Künstlerin. „Ich kann nicht in der Gegenwart leben oder in die Zukunft blicken, ohne auch zurückzuschauen, und dieses Hin und Her zeigt sich in meiner Arbeit.“ Gründend in ihrer Herkunft nimmt Babirye Referenzen in ihre Praxis auf und nutzt deren künstlerische Transformation als Möglichkeit nicht lediglich zu überleben, sondern zu gedeihen und aufzublühen.
1 L. Babirye, in ‘Artist Leilah Babirye: “I want to help people feel a sense of belonging” (Ich möchte Menschen helfen, ein Gefühl der Zugehörigkeit zu empfinden), Art Basel, 7. März 2024.
Leilah Babirye (geb. 1985, Kampala, Uganda) lebt und arbeitet in Brooklyn, New York. Institutionelle Einzelausstellungen der Künstlerin fanden statt im de Young Museum, San Francisco (2024–2025); und Yorkshire Sculpture Park, West Bretton (2024). Babiryes Arbeiten wurden auch in Gruppenausstellungen präsentiert, unter anderem der 60. Internationalen Kunstausstellung – La Biennale di Venezia; Sainsbury’s Centre, Norwich (beide 2024); Hammer Museum, Los Angeles; The Whitworth, The University of Manchester (beide 2023); mumok, Wien; The Africa Centre, London (beide 2022); Coventry Biennial (2021); Hessel Museum of Art, Annandale-on-Hudson; Contemporary Arts Museum Houston; Bric, Brooklyn (alle 2019); Trapholt Museum, Kolding (2016); und Kampala Art Biennale (2014).
Babiryes Arbeiten befinden sich unter anderem in den Sammlungen des Columbus Museum of Art; Hammer Museum, Los Angeles; Herbert Art Gallery & Museum, Coventry; Hessel Museum of Art, Bard College, Annandale-on-Hudson; mumok, Wien; RISD Museum, Providence; Sainsbury Centre, Norwich; Whitney Museum of American Art, New York; und Xiao Museum of Contemporary Art, Shandong.
Ort: Goethestraße 2/3 & Bleibtreustraße 15/16, 10623 Berlin
Eröffnung: Donnerstag, 1. Mai 2025, 18 – 20 Uhr
Ausstellungsdaten: Donnerstag, 1. Mai, bis Samstag, 28. Juni 2025
Bildunterschrift Titelbild: Leilah Babirye, Nakakeeto from the Kuchu Mutima (Heart) Clan, 2023–2024, Foto: Jonty Wilde
Ausstellung Leilah Babirye – Galerie Max Hetzler | Contemporary Art – Zeitgenössische Kunst in Berlin – Ausstellungen Berlin Galerien – ART at Berlin