post-title Karl Horst Hödicke | König Galerie | 03.03.-08.04.2018

Karl Horst Hödicke | König Galerie | 03.03.-08.04.2018

Karl Horst Hödicke | König Galerie | 03.03.-08.04.2018

Karl Horst Hödicke | König Galerie | 03.03.-08.04.2018

bis 08.04. | #1897ARTatBerlin | König Galerie zeigt seit 3. März 2018 die Ausstellung „Frühe Objekte – Späte Bilder“ des Künstlers Karl Horst Hödicke, ausgewählt von René Block.

K. H. Hödicke hat am 21. Februar seinen 80. Geburtstag gefeiert. Seine frühen Einflüsse reichen vom Filmemachen im New York der 1960er Jahre bis zur Rolle des Künstler-Kurators in Berlin, wo er die einflussreiche „Selbsthilfe“-Galerie Großgörschen 35 mit Markus Lüpertz aufbaute. Er wurde zu einem der Pioniere des Deutschen Neo-Expressionismus und der Neuen Figuration gemeinsam mit Georg Baselitz, Jörg Immendorff und A. R. Penck und war Protagonist und treibende Kraft hinter der Junge Wilde-Bewegung, die 1978 in der deutschsprachigen Welt als Gegenposition zu den etablierten minimalistischen und konzeptionellen Strategien der Kunst aufkam.

In dieser Hinsicht lassen sich Hödickes Figuration, seine Beziehung zu diversen formalen „Netzwerken“ der Malerei ebenso wie zu neuen sozialen Systemen in kleineren Organisationsformen– repräsentiert vom Model Großgörschen 35 – in einer Tradition vereinen, die Geste und Spektakel durch Ausdruck vermittelt.

Es ist dabei wichtig anzumerken, dass Hödickes Hauptthema – nämlich die sich verändernde Natur Berlins – in den letzten vierzig Jahren konstant geblieben ist. Denn wenn diese Stadt Geschichte selbst verkörpert, dann zeigen Hödickes Bilder nicht nur die komplexe, überlappende Struktur einer alternativen kunsthistorischen
und ästhetischen Zeit, sondern sie stellen auch eine subjektive Reaktion auf die sich ständig verändernde Natur der politischen, sozialen und wirtschaftlichen welthistorischen Zeit dar.

Natürlich ist Zeit in der Malerei innerhalb eines selbstständigen, komplexen Netzwerks oder Systems manifest: Sie existiert gleichzeitig in der Geschichte des westlichen Kanons, in der marxistischen Arbeitszeit der Produktion eines Werkes, und psychologisch und nicht-mechanisch (im Gegensatz zu der Dauer oder dem Score der Medien, wie Film, Performance oder Musik) durch unsere optische Reaktion und durch das Lesen der gemalten Oberfläche des Werks. Hödicke problematisiert dieses Netzwerk der Zeit nicht zuletzt durch die schnelle expressive Ausführung seiner Bilder, die die Erfahrung der Stadt über fünfzig Jahre in mikro-Ereignissen einfangen. So erzählte er erst vor kurzem dem Kurator Hans-Ulrich Obrist: „man muss sein Gemälde fertigstellen, bevor es im Nebel verschwindet“1. In diesem Sinne werden die Figuren und die urbane Umgebung in Hödickes Arbeiten zu Teilen eines Porträts der Stadt, in das alles mit unmittelbarer Klarheit eingewoben wird, auch die künstlerische Gemeinschaft und der historische Wandel.

Es ist ebenso wichtig, dass Hödickes Studio seit den 1970er Jahren in der Dessauerstraße gleich neben dem Potsdamer Platz lag. An einem Ort also, an dem sich die Veränderung damals sehr langsam vollzog (er nannte ihn Tunguska, nach einer Explosion 1908 in einem spärlich bevölkerten Gebiet in Ost-Sibirien, die 2.000 Quadratmeter Wald plattmachte). Nach 1990, als die Menschen in die Stadt strömten und die ersten Kräne aufgebaut waren, bot sein Studio ein riesiges Fenster auf die massive Entwicklung. Seine jüngsten Zeichnungen und Gemälde zeigen die darauffolgende Implosion der Expansion. Viele seiner Bilder zelebrieren die Zeit unmittelbar vor oder kurz nach dem Mauerfall – die Tunguska Periode der relativen Ruhe vor der mühsam zusammengesetzten Transformation.

Hödickes Gemälden wird oft nachgesagt, dass sie mit ihren verfallenen Stadtszenen und Figur-Studien Grauen, Abscheu und ein existenzielles Übelsein ausdrücken, insbesondere durch ihre Darstellung von Zombies, heimtückischen Vögeln und satanischen Kindern. Und dennoch hat der Künstler zugleich die Fähigkeit, Träumerei auszudrücken und das mit Luzidität und klarer Präzision.

Auf den Bildern in der KÖNIG GALERIE sehen wir Hödicke als urbanen Flaneur: Trichter-Teppich (1995), Telefonzelle (1990), Mädchen beißt Hund (1975) oder Peepshow (1979) zeigen Szenen von Sex, Musik und Hedonismus. In der Architektur von Apartmentblöcken, Straßenschildern und der Berliner Mauer ebenso wie in den Figuren, die ihrem Alltag nachgehen, wird die Unmittelbarkeit der Berührung offensichtlich.

Ergänzt werden diese Arbeiten durch Editonen aus seiner frühen Schaffensphase der 1960er Jahre, seine experimentellen Filme und Malereien, die Ihre Inspiration aus seinen Reisen wie nach Schweden, in die Niederlande oder nach Irland speisen.

Hödickes Werk schließt an die aktuellen Debatten um die Möglichkeiten des Expressionismus verbunden mit institutioneller Kritik in einer Ära der Malerei nach dem Internet an. Die Ausstellung zelebriert nicht nur das Werk eines wichtigen Künstlers an seinem 80. Geburtstag, sondern sie vertieft zugleich die laufenden zeitgenössischen Diskurse um Malerei in den späten 2010er Jahren.

Text: Andrew Hunt

Geboren in Nürnberg 1938, zog K. H. Hödicke mit neunzehn Jahren nach Berlin, um an der Hochschule der Künste (heute Universität der Künste) zu studieren, wo er von 1974-2006 als Professor lehrte. 1964 gründete er mit anderen Großgörschen 35, eine revolutionäre kooperative Galerie in West Berlin. Hödicke hat seitdem kontinuierlich seine Spuren in der Berliner Kunstszene hinterlassen. Sein umfangreiches, fruchtbares Werk umfasst Gemälde, Skulpturen und Filme.

1 Aus der Unterhaltung zwischen K. H. Hödicke und Hans-Ulrich Obrist, 2016, Karl HorstHödicke, Ich bin ein Berliner, Ausstellungskatalog Tajan, Paris, 2016.

Vernissage: Freitag, 2. März 2018, 18:00 – 21:00 Uhr

Ausstellungsdaten: Samstag, 3. März bis Sonntag, 8. April 2018

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Bildunterschrift: Karl Horst Hödicke, Peepshow, 1979, polyester resin on canvas, 150 x 190 cm (Detail)

Karl Horst Hödicke – König Galerie | Contemporary Art Kunst in Berlin ART at Berlin

 

 

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