bis 06.07. | #3943ARTatBerlin | Galerie Esther Schipper präsentiert ab 8. Juni 2023 die Ausstellung Future Archeologists des Künstlers Christoph Keller.
Mit Future Archeologists greift Christoph Keller die Themen seiner eigenen Vergangenheit als ausgebildeter Hydrologe erneut auf. Die dreikanalige Videoinstallation ist eine künstlerische Bestandsaufnahme der Umweltbedingungen im Owens Valley im Osten der Sierra Nevada in Kalifornien. Ausgangspunkt und formaler Mittelpunkt von Kellers Videoinstallation sind drei filmische Perspektiven, die über der weiten Landschaft des inzwischen ausgetrockneten Owens Lake aufgenommen wurden.
Das Owens Valley und die Umgebung des Sees waren einst eine blühende Landschaft, in der die Ureinwohner, die Paiute, komplexe Bewässerungssysteme unterhielten. Im Jahr 1913 wurde ein Aquädukt zur Versorgung der Stadt Los Angeles gebaut, wodurch das Wasser des Owens Valley umgeleitete wurde und der See in nur 15 Jahren austrocknete. In der Folge wurde das Gebiet als Quelle von toxischen Staubverschmutzungen berüchtigt. Anfang der 2000er Jahre wurde in einigen Teilen des ehemaligen Seebetts ein umfangreiches Programm zur Veränderung der Landschaft gestartet, um die Entstehung von giftigen Staubwolken, die bis nach Los Angeles ziehen konnten, einzudämmen. Dieses „Dust Mitigation Project“ steht im Zentrum von Kellers filmischer Untersuchung.
Kellers Dreikanal-Videoinstallation zeigt die Landschaft des Owens Lake aus der Luft. Das Video auf dem rechten Kanal bewegt sich in spiralförmigen Bahnen über die Landschaft, das mittlere Video folgt unablässig der Hauptversorgungsstraße des „Dust Mitigation Project“, während sich das Filmmaterial auf dem rechten Kanal in gleichmäßigen Bewegungen auf das Zentrum des ehemaligen Sees zubewegt, mit beunruhigend Bild, Filmstill: Christoph Keller, Future Archeologists, 2023, Dreikanal 4K HD Videoinstallation, Maße variabel schönen Ausblicken auf das bergige Terrain, das die Ebene des trockenen Sees umgibt. Während die Kamera durch die faszinierende Landschaft fährt, hören wir ein Gespräch zwischen Keller und einem Geologen, begleitet von einer konstanten, digital erzeugten Glissando-Musik, die sorgfältig kalibriert wurde, um eine Mischung aus ästhetischer Distanz und dystopischem Realismus zu schaffen. Die Bilder der ökologischen Verwüstung werden auf subtile Weise durch den Dialog gesteigert, der die atemberaubende Aussichtslosigkeit eines monumentalen industrialisierten Prozesses offenbart, welcher entwickelt wurde, um die Auswirkungen einer massiven Umweltzerstörung für alle Zukunft zu kontrollieren und einzugrenzen.
Kellers Arbeit bezieht sich dabei gezielt auf ein dialektisches Aggregat unterschiedlichster Referenzen: literarische und bildliche Darstellungen, Wissenschaft und Science Fiction, Kolonialgeschichte und lokale Politik, Zeitlosigkeit und Zeithaftigkeit der Landschaft.
Christoph Keller setzt sich mit der Geschichte der Wissenschaft auseinander, der Art und Weise, wie Wissen gesammelt und organisiert wird, und wie diese Ordnung wiederum unser Denken beeinflusst. Für Future Archeologists bildet die Ausbildung des Künstlers in Hydrologie den Subtext für Kellers fortgesetzte Erkundung spezifischer Bereiche wissenschaftlicher Untersuchungen, ihrer Konsequenzen in breiteren kulturellen und philosophischen Kontexten, sowie der Auswirkungen, die solche Diskurse auf das reale Leben haben können.
Das Videomaterial für das Projekt wurde während Christoph Kellers Stipendium in der Villa Aurora in Pacific Palisades, Los Angeles, Kalifornien, im Jahr 2019 gefilmt. Der Künstler dankt Claudia Gordon und Friedel Schmoranzer sowie der Villa Aurora & Thomas Mann House e. V. für ihre Unterstützung.
Christoph Keller wurde 1967 in Freiburg, Deutschland, geboren. Der Künstler lebt und arbeitet in Berlin. Christoph Keller studierte Mathematik, Physik und Hydrologie in Freiburg, Berlin und Santiago de Chile, absolvierte ein Studium der Freien Künste an der Universität der Künste Berlin (bei Katharina Sieverding) und besuchte den Aufbaustudiengang für Film und Kunst an der Kunsthochschule für Medien in Köln. Für seine Arbeit erhielt er zahlreiche Preise und Stipendien, darunter das Berliner Künstlerische Forschungsstipendium 2020/2021, den “Rom-Preis” der Deutschen Akademie Villa Massimo in Rom 2017, die Capacete Residency São Paulo 2012, die Berliner Senatsresidenz in Istanbul 2008, die Projektresidenz des Goethe-Instituts in Mexiko-Stadt 2009, den Bremer Preis für Videokunst 2006, das P.S.1 Residency Program in New York 2002 und den Ars Viva Art Award 2000.
Zu Kellers Einzelausstellungen gehören Data Error – Roma Antichità, Bibliotheca Hertziana – Max Planck Institute for Art History, Rom (2023); Grey Magic, Esther Schipper, Berlin (2015); Small Survey on Nothingness, Schering Stiftung, Berlin (2014); Expedition Bus-Shaman Travel, Einzelpräsentation bei der abc Berlin, Station Berlin (2012); Æther – between Cosmology and Consciousness, Centre Pompidou, Paris (2011); Voyages Extraordinaires, CRAC Alsace Lorraine, Altkirch (2010); Observatorium, Kunstverein Braunschweig, Braunschweig (2008), und Encyclopaedia Cinematographica, KW Institute for Contemporary Art, Berlin (2001).
Vernissage: Donnerstag, 8. Juni 2023, 18:00 – 21:00 Uhr
Ausstellungsdaten: Donnerstag, 8. Juni – Freitag, 6. Juli 2023
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Bildunterschrift Titel: Christoph Keller, Future Archeologists, 2023, Dreikanal 4K HD Videoinstallation, Maße variabel
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