post-title André Butzer + Hans Josephsohn | Galerie Max Hetzler | 08.06.-03.08.2024

André Butzer + Hans Josephsohn | Galerie Max Hetzler | 08.06.-03.08.2024

André Butzer + Hans Josephsohn | Galerie Max Hetzler | 08.06.-03.08.2024

André Butzer + Hans Josephsohn | Galerie Max Hetzler | 08.06.-03.08.2024

bis 03.08. | #4311ARTatBerlin | Galerie Max Hetzler (Bleibtreustraße) zeigt ab 8. Juni 2024 die Doppelausstellung der Künstler André Butzer und Hans Josephsohn.

Galerie Max Hetzler präsentiert eine Doppelausstellung von André Butzer und Hans Josephsohn in der Bleibtreustraße 15/16 in Berlin.

Flucht, Verlassenheit, Heimatlosigkeit sind dem Werk von Hans Josephsohn (1920–2012) tief einschrieben. Nicht etwa motivisch oder thematisch, sondern als grundlegende Lebenserfahrung. Anders als die glatte, anmutig zerfließende Gewandtheit von Lehmbruck oder Maillol, die ihn in seiner Jugend begeistert, anders als die zerfasernde Auflösung der Gestalt bei Giacometti im gleißenden Gegenlicht etwa eines Atomblitzes hält Josephsohn fest an der Figur. Jeder Griff in den formlosen Gips festigt die menschliche Gestalt. Ob bei einer winzigen Figurine oder einem monumentalen Leib immer ringt er um die angemessene Fassung, als würde er sich wieder und wieder der andauernden Gegenwart der Porträtierten versichern wollen. Eine Gegenwart, die er schroff und unumgänglich in den Raum stellt. Josephsohn arbeitet zum Raum hin, in den Raum hinein. Er nimmt nichts fort, vielmehr bringt er von neuem in die Welt. Positive Setzungen, massiv und wuchtig, fragil und zart. Mit ihren schartigen und aufgewühlten Oberflächen, mit ihrer zurückhaltenden, aber entschiedenen Farbigkeit werden seine Skulpturen zu einem widerständigen Gegenüber. Die Torsi, Büsten und Stelen stehender oder liegender Frauen sind fest in sich gefasst, gerundet, geballt. In archaischer Einfachheit behauptet sich der einzelne Körper selbst an seinem eigenen Ort. Ein bildnerischer Grundzug, den Josephsohn in der Antike wiederentdeckt, das freie Dastehen des Menschen im Ganzen des Kosmos – verletzbar, von allen Seiten her bedrängt und angegangen, aber frei trotz allem – und gerade deshalb offen für eine mögliche Begegnung, für menschliches Erkennen.

André Butzer (*1973) beharrt auf der bloßen menschlichen Würde, auf der Beständigkeit des Daseins. Immer schon war sein Werk »mittendrin« in den »zerstörenden und rettenden Widersprüchen« der Welt – Expression und Ready-made, Wiederholung und Individualität, Auflehnung, Leben und Tod –, trug diese malerisch aus und stieg über sie hinweg. In ihrer vordergründigen Vielfalt zeigt seine Malerei substanzielle Einheit. Vielleicht, mutmaßt Butzer, muss gerade angesichts des distanzlosen Ge-Stells der Gegenwart »die sogenannte Welt verborgen werden, damit man überhaupt etwas sieht«, damit das Abwesende von neuem im Anwesenden aufscheint. Wie die komposite Figur in Frau Dr. Schlaf heilt mit Sternenkräften, 2024. Mit solch »Synthetischen Bildern« fordert Butzer seit 1999 unser Menschenbild heraus: Wird der Körper durch die ihn durchdringende Technik zerstört oder gelingt es malerisch, den geschundenen Leib wieder zur Gestalt werden und in einen heilsameren, »kosmischen« Zusammenhang eintreten zu lassen? Denn sowohl die gewaltige Frau Dr. Schlaf als auch die bescheidene Frau auf Ohne Titel, 2024, verbinden sich mit den umgebenden Farben und Formen zu einem das gesamte Bild umfassenden Flächenornament. Butzer bezieht sie ein in das dekorative Ganze und realisiert so die Zusammengehörigkeit ihrer Gegensätze. Die runden gelben Flecken im Gesicht von Frau Dr. Schlaf mögen kontaminiert und vergiftet sein wie Pusteln. Oder sind es Sonnen im Gesicht? Die kreisförmigen Ornamente auf Ohne Titel erinnern an Blüten oder Früchte. Orangen und Rosen, in Einfachheit und Grazie keine wie die andere, individuell und frei entfaltet.

In ihrer angegriffenen Menschlichkeit spannen Josephsohns Skulpturen und Butzers Gemälde einen visionären Bogen von der Antike bis zu postapokalyptischem Weltraumschrott. Kein Werden, sondern Dasein. Dem Werden das Sein aufprägen. Die Ausstellung als Ort in und außerhalb der Zeit, an dem die widersprüchliche Zerrissenheit der Welt für einen kurzen Augenblick ausgetragen und wieder ganz erscheint, an dem Erfahrung und Erinnerung, Vergangenes und Kommendes bewahrt sind.

André Butzer (*1973, Stuttgart) lebt in Berlin. Einzellausstellungen des Künstlers fanden in zahlreichen internationalen Institutionen statt, darunter die Gesellschaft für Gegenwartskunst, Augsburg; Museo Novecento, Florence; Museo Stefano Bardini, Florenz; St Nikolaus, Innsbruck (alle 2024); Museo Nacional Thyssen-Bornemisza, Madrid; Kebbel Villa | Oberpfälzer Künstlerhaus, Schwandorf; Miettinen Collection, Berlin; Kunstverein Friedrichshafen (alle 2023); Friedrichs Foundation, Weidingen (2022); Yuz Museum, Shanghai; Museum of the Light, Hokuto (beide 2020); IKOB Musée d’Art Contemporain, Eupen (2018); Växjö Konsthall, Växjö (2017); Bayerisches Armeemuseum, Ingolstadt; Neue Galerie Gladbeck (beide 2016); Kunstverein Reutlingen (2015); Halle für Kunst, Graz (2014); Kestnergesellschaft, Hannover; Kunsthistorisches Museum / Theseustempel, Vienna (2011); Kunsthalle Nürnberg (2009); Kunstverein Ulm (2005); und Kunstverein Heilbronn (2004).

Butzers Werke befinden sich in den Sammlungen von Institutionen wie der Aïshti Foundation, Beirut; Art Institute of Chicago; Aurora Museum, Shanghai; Carré d’Art, Nîmes; Children’s Museum of the Arts, New York; CICA Center of International Contemporary Art, Vancouver; Contemporary Art Collection of the Federal Republic of Germany, Bonn; Deichtorhallen, Hamburg; Friedrichs Foundation, Weidingen / Bonn; Galerie moderního umění, Hradci Králové; Galerie Stadt Sindelfingen; Hall Art Foundation, Reading / VT | Derneburg; Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart, Berlin; Hölderlinturm, Tübingen; IKOB Musée d’Art Contemporain, Eupen; Kupferstichkabinett / Staatliche Museen zu Berlin, Berlin; LACMA Los Angeles County Museum of Art, Los Angeles; Marciano Art Collection, Los Angeles; MARe Museum, Bucharest; MOCA Museum of Contemporary Art, Los Angeles; Museo Nacional Thyssen-Bornemisza, Madrid; Museo Novecento, Florence; Museum Reinhard Ernst, Wiesbaden; Paula Modersohn-Becker Museum, Bremen; Pinakothek der Moderne, Munich; Rubell Museum, Miami; Sammlung Goetz, Munich; Space K, Seoul; Ståhl Collection, Norrköping; Städtische Galerie im Lenbachhaus / Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung, Munich; Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck; University of Washington, Seattle; Wooyang Museum of Contemporary Art, Gyeongju-si; und Yuz Museum, Shanghai.

Hans Josephsohn (1920–2012) lebte und arbeitete in Zürich. Einzelausstellungen des Künstlers fanden in zahlreichen internationalen Institutionen statt, darunter MASI – Museo d’arte della Svizzera Italiana, Lugano (2020–2021); Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen (2020); ICA Milano (2019); Museum Folkwang, Essen (2018); Kunstparterre, Munich (2015); Modern Art Oxford (2013); Yorkshire Sculpture Park, Wakefield (2013); Lismore Castle Arts (2012); MMK Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main (2008); Kolumba – Art Museum of the Archidiocese of Cologne (2005); und Stedelijk Museum, Amsterdam (2002). Seine Arbeiten waren auf der 55. Biennale von Venedig (2013) prominent vertreten. Zwei dauerhafte Installationen von Josephsohns sind der Öffentlichkeit zugänglich: Das Kesselhaus Josephsohn, ein Ausstellungs- und Galerieraum in St. Gallen, Schweiz, und Sitz des Nachlasses des Künstlers; und La Congiunta, ein kleines Museum in Giornico, Schweiz, das von dem langjährigen Freund und Architekten des Künstlers, Peter Märkli, entworfen wurde.

Arbeiten des Künstlers befinden sich in den renommierten Sammlungen, darunter das Aargauer Kunsthaus, Aarau; Kolumba – Art Museum of the Archidiocese of Cologne; Kunsthaus Zurich; Kunstmuseum St.Gallen; Museum Folkwang, Essen; Kunstmuseum Appenzell; Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen; MMK Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main; Neue Nationalgalerie, Berlin; und Stedelijk Museum, Amsterdam.

Location: Bleibtreustraße 15/16, 10623 in Berlin

Vernissage: Samstag, 8. Juni 2024, ab 15 Uhr

Ausstellungsdaten: Samstag, 8. Juni bis Samstag, 3. August 2024

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Bildunterschrift Titelbild: Hans Josephsohn, Ohne Titel, 1985 © Kesselhaus Josephsohn, St. Gallen., André Butzer, Ohne Titel, 2024 © André Butzer, Foto: def image

Ausstellung André Butzer und Hans Josephsohn – Galerie Max Hetzler | Contemporary Art – Zeitgenössische Kunst in Berlin – Ausstellungen Berlin Galerien – ART at Berlin

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