post-title Willi Ruge | Fotoaktuell | C/O Berlin | 16.09.-03.12.2017

Willi Ruge | Fotoaktuell | C/O Berlin | 16.09.-03.12.2017

Willi Ruge | Fotoaktuell | C/O Berlin | 16.09.-03.12.2017

Willi Ruge | Fotoaktuell | C/O Berlin | 16.09.-03.12.2017

bis 03.12. | #1574ARTatBerlin | C/O Berlin präsentiert ab dem 16. September 2017 die Ausstellung „Fotoaktuell“ des Künstlers Willi Ruge.

Autorennen auf der AVUS, Landung im Hochgebirge, Spartakus-Aufstand, Unruhen in Oberschlesien, Selbstporträt im freien Fall. Sei es als Kriegsberichterstatter oder Bordschütze, als Werbefilmer oder Unternehmer – Willi Ruge ist Teil gesellschaftlicher Umbrüche und von den technischen Möglichkeiten der Moderne Anfang des 20. Jahrhunderts fasziniert. Er ist kein stiller Beobachter am Rand, sondern mitten im Geschehen. Oft sogar so sehr im Zentrum, dass er selbst als Akteur ins Bild tritt. Mit dieser Haltung entwickelt Ruge nicht nur die Rolle und das Selbstverständnis des Bildjournalisten neu – die sachlich-objektive Darstellung ersetzt er durch subjektive, scheinbar rein zufällig festgehaltene Erfahrungen. Seine visuellen Experimente und Reportagen stillen die Sehnsucht des Publikums nach Unterhaltung und Katastrophen und bieten durch seine persönliche Perspektive eine große Identifikationsfläche für den Betrachter.

Mit seiner Begeisterung für Sport, Luft- und Rennfahrt entspricht Willi Ruge dem idealen Protagonisten der Ära optischer Sensationen und Geschwindigkeit. Er sucht das Abenteuer, reist nach Europa, Afrika und Südamerika und begibt sich auch in Kriegsgebiete. In seinen bekanntesten Fotostrecken zeigt er sich selbst in spektakulären Aktionen, wobei extreme Aufsichten, schwindelerregende Untersichten, Schrägsichten, gekippter Horizont, enorme Nahaufnahmen und außergewöhnliche Perspektiven auf das Geschehen die Errungenschaften des Neuen Sehens erkennen lassen. Bei Willi Ruge liegen Politik, Technikfaszination, Experimentierfreude, Bildironie und -erzählung heterogen nebeneinander.

Berlin in den 1920er- und 1930er-Jahren ist nicht nur eine pulsierende Weltstadt mit unzähligen Kinos, Theatern, Ballhäusern, Nachtclubs und schillernder Leuchtreklame. Die Kunst- und Kulturmetropole ist auch das Zentrum einer neu entstehenden Presselandschaft und der Fotografie. Willi Ruge produziert und liefert mit seiner Agentur Fotoaktuell dem expandierenden Zeitungsmarkt in Deutschland reichlich Bildmaterial zu den zeitaktuellen sozialen, politischen und wissenschaftlichen Themen. Willi Ruge gehört jedoch nicht zu den Vertretern seines Fachs, die erst mit der Konjunktur der Illustrierten in den 1930er-Jahren den Beruf des Fotoreporters wählen – er ist bereits kurz nach dem Ersten Weltkrieg ein erfahrener und gefragter Presse- und Fliegerfotograf.

Als Gegenpol zu seinen außergewöhnlichen Erlebnissen sucht er auch die Konzentration eines Fotostudios. Hier entstehen visuelle Experimente und Inszenierungen sowie „Phantastiken der kleinen Dinge“ – ruhige Bildstudien im Stil der europäischen Avantgarde. Zeitgleich karikiert er mit feiner Ironie die Arbeit des traditionellen Fotostudios. Willi Ruge nutzt dabei nicht nur die neuen technischen Möglichkeiten der Fotografie, sondern auch Funktionsweise, Wirkung und Autorenschaft – bis hin zur bewussten Kultivierung seines eigenen Images.

Für C/O Berlin hat die Kuratorin und Fotohistorikerin Ute Eskildsen die Ausstellung Willi Ruge . Fotoaktuell recherchiert und gemeinsam mit Felix Hoffmann die weltweit erste Retrospektive kuratiert. Präsentiert werden etwa 140 zum Teil noch nie ausgestellte Vintage-Fotografien aus dem Gesamtwerk von Willi Ruge. Die Aufnahmen mussten aufwendig in verschiedenen Agentur- und Verlagsarchiven erarbeitet werden, da Willi Ruges gesamtes Bildarchiv in Berlin-Schöneberg 1943 bei einem Bombenangriff vernichtet wurde. Mit dieser Ausstellung setzt C/O Berlin seine Serie zeithistorischer Fotografien fort, in der schon die Lebenswerke von Roger Melis, Fritz Eschen und Will McBride gezeigt wurden. Zur Ausstellung erscheint eine Publikation im Steidl Verlag.

Willi Ruge,
geboren 1892 in Berlin, begann nach Abschluss der Realschule als 15-Jähriger eine Optikerlehre und wechselte anschließend ins Fotografenhandwerk. Zeitgleich wurde seine Leidenschaft zum Flugzeugbau geweckt. Anfang der 1910er-Jahre machte er sich unter dem Firmennamen Presse Verlag Photoaktuell selbstständig. In den drauffolgenden Jahren veränderte er mehrmals das Logo, den Namen und die Schreibweisen seiner Agentur, sodass sie in den 1920er- und 1930er-Jahren unter anderem auch als Presse-Illustrations-Verlag und Presseverlag Fotoaktuell GmbH bekannt war. Von 1914 bis 1918 nahm er am Ersten Weltkrieg als Fliegerschütze und Berichterstatter an West- und Ostfront teil. In der Weimarer Republik fotografierte er die Unruhen in Oberschlesien, den Spartakus Aufstand in Berlin sowie die französische Besetzung des Ruhrgebiets. 1921 gründete Willi Ruge eine Filmgesellschaft und erstellte Werbefilme für die deutsche Luftfahrtindustrie. Seine Bilder wurden national und international publiziert – mit der Reportage Ich fotografiere mich beim Absturz mit dem Fallschirm (1931) erlangte er weltweite Beachtung. In den 1930er-Jahren unternahm er für die Berliner Illustrirte Zeitung Reisen nach Südamerika und Afrika. Während des Zweiten Weltkriegs wurde er als „Bildberichter im Sonderrang“ in Polen, Norwegen, Frankreich und Afrika eingesetzt. 1946 erhielt Willi Ruge eine „Certification“ von der amerikanischen Militärregierung, um für die Deutsche Allgemeine Nachrichtenagentur (DANA) zu fotografieren. Im Nachkriegsdeutschland arbeitete er für Zeitschriften wie Weltbild und Quick. 1953 zog er nach Offenburg, um für den Verleger Franz Burda als flugtechnischer Berater zu arbeiten. Will Ruge starb 1961 in Offenburg.

Vernissage: Freitag, 15. September 2017, 19:00 Uhr. Im Amerika Haus in der Hardenbergstraße 22–24, 10623 Berlin

Ausstellungsdaten: Samstag, 16. September bis Sonntag, 03. Dezember 2017

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Bildunterschriften: Willi Ruge
oberes Motiv: Die verschiedenen Phasen des pendelnden Körpers bis zur Landung. Aus: … und er entfaltet sich doch, um 1930 © IBA-Archiv/ KEYSTONE
unteres Motiv: Der Zentralflughafen von Deutschland auf dem Tempelhofer Felde, welcher aus städtischen und staatlichen Mitteln erbaut wird, geht seiner Vollendung entgegen. Die Gesamtansicht der Funkstation, vor 1924 © Erbengemeinschaft RUGE, Courtesy: Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin, Historisches Archiv

Ausstellung: Willi Ruge – Fotoaktuell – C/O Berlin | Contemporary Art – Kunst in Berlin – ART at Berlin

 

 

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