post-title Patricia Waller | Paradise Lost | Galerie Deschler | 21.07.-24.09.2022

Patricia Waller | Paradise Lost | Galerie Deschler | 21.07.-24.09.2022

Patricia Waller | Paradise Lost | Galerie Deschler | 21.07.-24.09.2022

Patricia Waller | Paradise Lost | Galerie Deschler | 21.07.-24.09.2022

bis 24.09. | #3526ARTatBerlin | Galerie Deschler präsentiert ab 21. Juli 2022 (Vernissage: 20.07.) die Ausstellung Paradise Lost der Künstlerin Patricia Waller.

Wie schon in der Ausstellung „Innocent“ stellt sich Waller mit ihrer jüngsten Werkreihe „Victims“ erneut dem Thema weltweiter und vielfältiger Gewalt gegen Kinder, den schwächsten und wehrlosesten Mitgliedern unserer Gesellschaft. Angesichts des bitteren Ernstes der Thematik verzichtet die Künstlerin in diesen Werkreihen ganz bewusst auf die ironische Brechung und den schwarzen Humor, die ihre Arbeiten sonst so oft auszeichnen. Zwar ist es nicht Wallers Anliegen politisches Zeitgeschehen zu kommentieren, auch wenn ihr sehr bewusst ist, dass sich Kunst immer in einem politisch-gesellschaftlichem Kontext bewegt. Dennoch ist die Aktualität der gewählten Bildsprache der in den letzten Jahren entstandenen Arbeiten erschreckend.

ART at Berlin - courtesy of Galerie Deschler - Patricia Waller - Sunday
Patricia Waller, Sunday, 2019, Wolle, Füllwatte, Draht, Styropor, Kunststoff; Häkelarbeit, 75cm, Stab 155cm

Die Coronakrise hat mit ihren teilweise sehr harten Lockdowns die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erneut auf das Problem häuslicher Gewalt gelenkt, der Kinder so häufig ausgesetzt sind. In dieser Zeit, während Familien auf engem Raum isoliert waren, kam es zu einem Anstieg emotionaler und körperlicher Gewalt. Auch sexuelle Übergriffe auf Kinder sind in den letzten Jahren medial verstärkt in den Fokus geraten. Dabei standen nicht nur die Vorfälle im Rahmen der katholischen Kirche und deren Vertuschungsversuche im Vordergrund, auch neue Erkenntnisse bezüglich der systematischen Misshandlung nativer Kinder in kanadischen Schulanstalten im 20. Jahrhundert zeigten Erschreckendes auf. Besonders schockierend sind in diesem Zusammenhang auch die regelmäßig wiederkehrenden Schulmassaker in den USA, die immer wieder die gleichen floskelhaften Betroffenheitsbekundungen hervorrufen, aber keine Verschärfung laxer Schusswaffengesetze nach sich ziehen: finanzielle Interessen und ideologische Dogmas scheinen wichtiger als das Wohl der Kinder.

ART at Berlin - courtesy of Galerie Deschler - Patricia Waller - header help
Patricia Waller, Fear I, 2021, Stoff, Stickgarn; Stickarbeit, 60 x 45 cm

Die schrecklichen Auswirkungen von Kriegen auf die körperliche und psychische Gesundheit von Kindern wird uns gerade dieser Tage wieder eindrücklich vor Augen geführt. Wallers Arbeiten beschränken sich dabei nicht nur auf die Opfer direkter oder indirekter Kampfhandlungen, etwa Kinder, die durch Bombenangriffe oder Minen Gliedmaßen verloren haben, oder traumatisierte Kinder in Flüchtlingslagern. Auch zwangsrekrutierte und systematisch gehirngewaschene Kindersoldaten sind Opfer von Gewalt, die von Erwachsenen ausgeht. Flächenbombardements, Massaker, Zerstörung von Städten und Lebensräumen, Nahrungsmittelknappheit, Inflation und Wirtschaftskrisen treffen Kinder, welche die Zusammenhänge nicht verstehen können, keine emotionale Widerstandskraft aufgebaut haben und völlig abhängig sind, besonders hart und hinterlassen tiefe körperliche und seelische Narben. Die Künstlerin hat als Kind selbst noch die traumatisierten Väter und Mütter gekannt, die nicht über ihre Kriegserfahrungen reden konnten, die als Erwachsene oder selbst als Kinder Vergewaltigungen, Hunger, Kälte und Sterben miterlebt und stillschweigend erduldet hatten. Die Überlebenden waren zeitlebens davon gekennzeichnet und gaben dies durch ihr eigenes Verhalten – ob durch aktive oder passive Gewalt, emotionale Distanz, mangelnde Aufarbeitung, Sucht und andere selbstzerstörerische Handlungen – direkt oder indirekt an folgende Generationen weiter. Dass alle Mahnungen eines „Nie wieder!“ doch immer verhallen und das menschliche Gewaltpotenzial allen ach so wunderbaren Errungenschaften unserer fortschrittlichen Zivilisation trotzt, ist zutiefst bestürzend.

ART at Berlin - courtesy of Galerie Deschler - Patricia Waller - Alice
Patricia Waller, Alice, 2021, Wolle, Stoff, Styropor, Füllwatte, Häkelarbeit, 65 x 45 x 60 cm

Der drastische Gegensatz von heimeliger Häkelarbeit und verstörenden Inhalten, seit jeher ein Markenzeichen von Wallers Skulpturen, ist in den Werken dieser Ausstellung besonders ausgeprägt. Zusätzlich zu den Häkelskulpturen arbeitet Waller auch mit zweidimensionalen Bildern, die gestickt sind. Weitere mit glänzenden Pailletten gefertigte Bilder rufen Assoziationen mit Parties und Showbusiness hervor. Teilweise sind hier nur Umrisse oder Silhouetten zu sehen, die Inhalte aber sofort erkennbar. Es ist diese Vertrautheit, die wir mit den Motiven haben, die das eigentlich Erschreckende ist und die uns mahnt, dem Effekt der Gewöhnung daran zu widerstehen und in unseren Anstrengungen nicht nachzulassen, diesen Szenarien entgegenzuwirken.

Vernissage: Mittwoch, 20. Juli 2022,  19:00 – 21:00 Uhr

Ausstellungsdaten: Donnerstag, 21. Juli – Samstag, 24. September 2022

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Bildunterschrift Titel: Patricia Waller, Help, Ausstellungsansicht, 2017 – 2018, Wolle, Füllwatte, Holz, Draht, Kunststoff; Häkelarbeit, je 35 cm

Ausstellung Patricia Waller – Galerie Deschler | Zeitgenössische Kunst in Berlin | Contemporary Art | Ausstellungen Berlin Galerien | ART at Berlin

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