post-title Michael Buthe | Zerrissene Leinwände – Das konzeptuelle Frühwerk | Galerie Judin | 17.09.-05.11.2022

Michael Buthe | Zerrissene Leinwände – Das konzeptuelle Frühwerk | Galerie Judin | 17.09.-05.11.2022

Michael Buthe | Zerrissene Leinwände – Das konzeptuelle Frühwerk | Galerie Judin | 17.09.-05.11.2022

Michael Buthe | Zerrissene Leinwände – Das konzeptuelle Frühwerk | Galerie Judin | 17.09.-05.11.2022

bis 05.11. | #3600ARTatBerlin | Galerie Judin zeigt ab 17. September 2022 die Ausstellung Zerrissene Leinwände – Das konzeptuelle Frühwerk des Künstlers Michael Buthe.

Michael Buthe (1944-1994) wuchs in der unmittelbaren Nachkriegszeit auf. Schon früh reifte in ihm der Wunsch, Künstler zu werden. Von 1964 bis 1968 studierte er in Kassel. Doch wie sollte die Kunst nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs aussehen? Viele junge Künstler kamen zu dem gleichen Schluss: Es konnte kein künstlerisches „Weiter so!“ geben. Hier, in diesem kritischen Moment der deutschen und europäischen Kunstgeschichte, setzt die künstlerische Karriere von Michael Buthe ein.

Ende der 1960er Jahre wollte Buthe etwas noch nie Dagewesenes schaffen, ohne die klassischen Formate Malerei, Skulptur und Zeichnung zu verlassen. Genau dieser Konflikt ebnete den Weg für sein frühes konzeptuelles Werk – beginnend mit den Torn Canvases. Er spannte Leinwände oder andere Stoffe auf Keilrahmen, die er dann zerriss oder aufschlitzte. Damit zerstörte und belebte der Künstler das klassische Tafelbild gleichermaßen. Denn obwohl er sich von der klassischen Malerei und Erzählung lossagte, hielt er an Keilrahmen und Leinwand und oft auch an ein wenig Farbe fest. Gelegentlich waren die Werke das Ergebnis spontanen, ungestümen Reißens. Meistens aber überwiegt das konzeptionelle Moment. Dies ist durch zahlreiche erhaltene Entwürfe zu den Werken auf Millimeterpapier mit detaillierten Maßangaben gut dokumentiert. In der Galerie von Rolf Ricke, einem Pionier der Konzeptkunst und Pop Art in Deutschland, waren diese und andere frühe Arbeiten Buthes 1968 und 1969 erstmals zu sehen. Unter anderem mit einer solchen zerrissenen Leinwand gab Buthe 1969 – im zarten Alter von 25 Jahren – sein internationales Ausstellungsdebüt in Harald Szeemanns bahnbrechender Ausstellung Live in Your Head: When Attitudes Become Form. Heute ist dieses Werk dauerhaft in der Tate Modern in London zu sehen.

Mit seinen Torn Canvases schuf Buthe radikale Werke, die das räumliche Verhältnis zwischen Bild, Wand und Betrachter neu definieren. Denn durch das Zerreißen legte der Künstler nicht nur die zugrunde liegende Konstruktion des Werks frei – er machte auch die dahinter liegende Wand sichtbar und zum Teil seiner Wahrnehmung. Mit ihrer Materialfülle erobern die Arbeiten einen Raum außerhalb der Dimensionen des klassischen Tafelbildes. Der Künstler selbst beschreibt dieses Anliegen wie folgt: „1. was mich interessierte, war der Raum als Objekt, nicht ein Objekt als Einzelstück. 2. Mich interessiert das Verhältnis des Objekts zu sich selbst, der vom Einzelstück befreite Raum zum realen Raum, der es umgibt (zerrissene Kartons, Freilegung der Konstruktion). 3. Ich interessiere mich für die Wand, das Bild an der Wand. […] Ich versuche, die Idee der Malerei mit Hilfe ihres Materials neu zu formulieren“.

Die zerrissenen Leinwände wurden zur Grundlage für die folgende Werkserie. Nun nähte Buthe die Schlitze in den zerrissenen Leinwänden und die oft selbst gefärbten Stoffe sorgfältig zusammen. Durch die wulstigen Nähte entstanden reliefartige Textilbilder. Dieses Zusammennähen von aufgeschlitzten und zerrissenen Stoffen kann auch als eine Verarbeitung der vorangegangenen sozio-historischen Wunden und Traumata verstanden werden, die den Hintergrund für die Torn Canvases bildeten.

Mit diesen beiden Werkgruppen erhebt Buthe Materialien – Leinwände und Textilien – und eine Technik – das Nähen – zur bildenden Kunst, die zu jener Zeit eher als handwerkliches oder häusliches Handwerk angesehen wurde. Während Buthes kurzem Leben blieben Textilien ein wichtiges künstlerisches Ausdrucksmittel. Sicherlich, weil diese Materialien auch Teil unseres Alltags sind. Der Umgang mit ihnen senkt die Schwelle zwischen Kunst und Leben und ist ein Fanal für Buthes Bestreben, Kunst und Leben untrennbar zu vereinen.

In den Jahren 1970 und 1972 unternimmt Buthe seine ersten Reisen nach Marokko. Bald reiste der Künstler um die halbe Welt. In der Folge wird sein Werk spielerischer, farbiger und spiritueller. Er wollte das Gesehene, Erlebte und Empfundene nicht nur motivisch und stilistisch bezeugen, sondern so körperlich wie möglich in seine Kunst integrieren. Dabei kamen immer wieder Textilien zum Einsatz. Zwei Arbeiten aus den frühen 1970er Jahren zeugen von dieser Phase und geben einen ersten Vorgeschmack auf den späteren Buthe, dessen Werk opulenter wurde, aber nie seine konzeptionelle Grundlage verlor. Zeit seines Lebens versuchte Buthe, die „Idee der Malerei“ mit unorthodoxen Materialien neu zu formulieren.

Vernissage: Freitag, 16. September 2022 – 18:00 bis 21:00 Uhr

Ausstellungsdaten: Samstag, 17. September – Samstag, 5. November 2022

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Bildunterschrift: courtesy of Galerie Judin

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