bis 29.05.| #3023ARTatBerlin | Laura Mars Gallery zeigt ab 17. April 2021 eine Duo-Ausstellung mit den Präsentationen „Museum Müm“ des Künstlers Matias Bechtold und „European Park“ der Künstlerin Louise Bristow.
Die gemeinsame Ausstellung von Louise Bristow und Matias Bechtold bietet eine Zusammenschau der jeweiligen Miniaturwelten, mit deren Ausformulierung sich beide Künstler seit Langem beschäftigen.
Louise Bristow komponiert auf Basis selbst gefertigter Modelle sowie unterschiedlicher bildlicher Vorlagen querformatige Ölgemälde. In Trompe-l’œil-artigen Tisch- bzw. Bühnensituationen gibt sich heterogenes bildliches ´Personal´ ein Stelldichein: Fotografien und Reproduktionen, die quasi als Bühnenbilder im Hintergrund fungieren, gemusterte Drucke sowie Architekturmodelle und phantasievoll gestaltete stereometrische Körper. Häufig erkennt man szenische Details von Kinderspielplätzen, wobei der Beschwörung der Sphäre des unbekümmerten Spiels motivisch oft die Arbeitswelt der Erwachsenen gegenübergestellt ist. Hinzu treten überkommene Artefakte aus der Kultur: das Spektrum reicht von prähistorischen Faustkeilen über folkloristisch Anmutendes bis hin zum Design der Nachkriegszeit, zu sowjetischer Monumentalplastik und zu modernistischer Architektur.
Louise Bristow, European Park, 2020, oil on wood panel, 40 x 80 cm
Malerisch nüchtern protokollierte Erbstücke vergangener Epochen sind auch in dem 2020 entstandenen Bild European Park anzutreffen – ein Titel, mit dem Bristow ihre gesamte Präsentation überschrieben hat. Auf dem Bild finden sich neben drei gemalten, als Hintergrundkulisse dienenden Landschaftsfotografien verschiedene Objekte. Außer zwei abstrakten Skulpturen – die Reproduktion eines Kandinsky-Bildes, die zu einem Kasten geformt wurde und eine komplexe Eigenkreation der Künstlerin – erkennt man die am Wiener Parkring gelegene Bedürfnisanstalt von 1880. Drei Kinder auf einem Spielgerät sind mit dem Abbild einer Schulsituation kontrastiert. Das Arrangement heterogener Bildsujets wird als Park behauptet, einer ebenso von Menschenhand konstruierten Sphäre.
Auch Matias Bechtold rekurriert mit seiner Präsentation, die er mit Museum Müm überschrieben hat, auf spezifische Kulturformen. Seine gleichnamige Arbeit veranschaulicht ein miniaturisiertes Ausstellungshaus, das detailreiche Einblicke in sein Inneres gewährt. Was dort auf den verschiedenen Etagen (Müm bedeutet abgekürzt: Modul über Modul) an den Wänden – jeweils von Spots beleuchtet – hängt, sind Gemälde, die an die Kunst des abstrakten Expressionismus, bzw. an den Tachismus gemahnen. Die Präsentation informeller Malerei kann auf Erwin Bechtold, den ebenso als Künstler tätigen Vater bezogen werden, mit dem der Sohn 2018 seine vorhergehende Duo-Ausstellung in der Laura Mars Gallery bestritten hatte. Die winzigen Bildtitel, die Matias Bechtold unter die Rahmen der im Raumverhältnis sehr großen Mini-Museumsbilder geklebt hat, erweitern den persönlichen Bezug jedoch in Richtung einer grundsätzlichen Fragestellung nach dem Verschwinden konkreter Wirklichkeitsbezüge, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Zusammenhang mit der malerischen Abstraktion virulent wurde: Stadt im Nebel lautet etwa der humorige Titel eines ungegenständlichen Querformats in Weiß, Blau und Schwarz.
Matias Bechtold, KM T40, 2019-2021 (foreground)
Matias Bechtold, Museum Müm, 2019-2021 (background)
Ergänzt wird Bechtolds Museumsgebäude durch weitere, sowohl kompakte, als auch semitransparente Architekturen und Gehäuse, die aus Kunststoff und Pappe, bzw. aus singulären oder aufgetürmten Plastikverpackungen gestaltet sind, in denen sich zum Teil merkwürdig verformte Figuren aufhalten. Die plastisch-objekthaften sowie malerischen Bildwelten von Matias Bechtold und Louise Bristow bedienen sich des Modus der Verkleinerung, um mit diesem quasi umgekehrten Überwältigungsgestus den Blick auf das zu schärfen, was Gesellschaft und Kultur der Gegenwart – in nuce – ausmacht: Im Falle der Arbeiten von Matias Bechtold ist das unter anderem die in der Architektur der Moderne ansichtig gewordene Zellen- und Monadenstruktur, die multifunktionale Bienenwabe, in der die und der Einzelne seinen Platz zugewiesen bekommt oder freiwillig einnimmt, um zum Fortbestand der post-postmodernen Arbeits- und Freizeitwelt beizutragen. Was die gemalten Set-ups von Louise Bristow anbelangt, geht es zunächst darum, die pluralistisch anmutende Kultursituation der Gegenwart zu befragen. Die Kompilation von in ihrer disparaten Zusammenstellung ´neutralisierter´ Artefakte trägt nostalgische und zugleich entfremdete Züge, denn die unterschiedlichen ´Akteure´ stehen zwar auf derselben Bühne, sind sich aber nicht sicher, ob sie im selben Stück mitspielen.
Thomas Groetz
Ausstellungsstart: Freitag, 16. April 2021 / 13-20 Uhr
Ausstellungsdaten: Samstag, 17. April bis Samstag, 29. Mai 2021
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