bis 08.06. | #3011ARTatBerlin | Haus am Waldsee zeigt ab 7. April 2021 die digitale Einzelausstellung des Künstlerduos Fischer & el Sani.
In Fortsetzung unseres erfolgreichen Lockdown-Videokunst-Programms in Kooperation mit Videoart at Midnight von Anfang Februar bis Ende März 2021, freuen wir uns für April bis Juni 2021 die erste digitale Einzelausstellung des Hauses am Waldsee im Netz ankündigen zu können. Im wöchentlichen Wechsel werden auf unserer Website immer mittwochs neue Videos des Künstlerduos Fischer & el Sani gezeigt.
Programm:
7.4. Appropriation takes you on a weird ride, 2020
14.4. Freedom of Movement, 2019
21.4. Der Dreisatz der Identität, 2015
28.4. Contaminated Home, 2021
5.5. Spelling Dystopia, 2008
12.5. The Rise, 2007
19.5. Toute la mémoire du monde – Alles Wissen der Welt, 2006
26.5. Klub 2000, Rom – Paris – Marzahn, 1998
2.6. Be supernatural, 1995
Anhand von neun Projekten ergibt sich ein spannender Überblick über 25 Jahre gemeinsame Arbeit. Stipendien haben Fischer & el Sani für längere Zeit nach Amsterdam, Rom, Tokio und Sapporo gebracht. So stellt nicht nur die Transformation der Metropole Berlin seit der Wiedervereinigung ein kontinuierliches Thema ihrer Arbeit dar, sondern vor allem auch andere historische Räume, an denen sie sich verändernde Identitäten aufspüren und unter der veränderten Sicht der Gegenwart kritisch neu bewerten.
Fischer & el Sani beginnen ab 1995 ein gemeinsames Werk. Von Anfang an stehen Transformationsprozesse von individuellen und kollektiven Identitäten, von Orten und Utopien im Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit. Damit bringen die Arbeiten Defizite im medial vermittelten Alltag zurückliegender Jahrzehnte zum Vorschein. Indem es ihnen gelingt, das Fremde als gleichwertig zu zeichnen und die Spannung spürbar zu machen, die an Orten überkommener Utopien aus Technik, Wirtschaft und Politik im Leben der Menschen entstehen, erscheint Fischer & el Sanis scheinbar dokumentarisches Werk aktueller denn je.
Fischer & el Sani, Appropriation takes you on a weird ride, 2020, 4K Video, 20 Min., Filmstill, © Fischer & el Sani und VG Bild-Kunst, Bonn 2021
Nicht nur in Berlin entstehen poetisch dichte Filme, die die Veränderungen im urbanen Raum sichtbar machen. Auch und vor allem in anderen Regionen der Welt greifen Fischer & el Sani Spuren auf, die individuelles Leben in Zeiten großer Umbrüche beleuchten. So etwa während mehrerer Aufenthalte in Japan als Langzeitprojekte über das Schicksal von Familien entstanden, die durch die Nuklearkatastrophe von Fukushima ihre Heimat verloren haben. Oder die Geschichte einer künstlichen, vor Nagasaki gelegenen Insel, auf der bis 1974 mehr als 5000 Bergarbeiter und deren Familien auf kleinstem Raum lebten und arbeiteten, bis sie schlagartig umgesiedelt wurden, weil Atomkraftwerke inzwischen ineffizienter waren und die Insel seither unbetretbar verfällt. Oder sie nehmen in „Freedom of Movement“ (2019) den olympischen Marathonlauf des Äthiopiers Abebe Bikila 1960 in Rom auf und erinnern anhand von Found Footage und Reenactment an den ersten Sieg eines Schwarzafrikaners, der jemals bei den Olympischen Spielen errungen wurde. Eine andere Arbeit geht der Tatsache nach, dass der Anspruch in einem Gebäude wie der Nationalbibliothek in Paris alles Wissen der Welt gespeichert werden kann, schon in der Vergangenheit einer vermessenen und kulturell ausschließenden Utopie glich.
Die Aneignung des Fremden, das bis in die jüngste Vergangenheit als weniger wert erschien als das Vertraute, ist seit Anfang an das Hauptanliegen der beiden Medienkünstler. Immer wieder gelingt es ihnen, fundamentale Fragen nach Veränderung und Identität zu stellen. Nicht zuletzt in einer ihrer jüngsten Arbeiten „Appropriation takes you on a weird ride“ von 2020, in der sie der über 300 Jahre alten Indianerbegeisterung der Deutschen nachgehen und überkommene Herrschaftsmuster zu Tage fördern, überzeugen sie durch detaillierte Recherche, überraschende Perspektiven und technische Perfektion.
Das Berlin-basierte Künstlerduo arbeitet seit 1995 im Team. Nina Fischer (*1965, Emden) hat an der Hochschule der Künste in Berlin u.a. bei Valie Export Visuelle Kommunikation studiert. Maroan el Sani (*1966, Duisburg) studierte an der Freien Universität Berlin Film. Nach einem Studienjahr in Amsterdam schloss Nina Fischer in Berlin ein weiteres Studium an der Akademie für Film und Fernsehen ab. Beide Künstler hatten von 2007 bis 2010 eine Gastprofessur an der Universität für Kunst und Design im Japanischen Sapporo inne. Seit 2015 unterrichtet Nina Fischer als Professorin für experimentellen Film und Medien an der UdK in Berlin.
Kuratiert von: Katja Blomberg
Ausstellungsdaten: Mittwoch, 7. April bis Dienstag, 8. Juni 2021
Zum Ausstellungsort
Ausstellung Fischer + el Sani Haus am Waldsee | Zeitgenössische Kunst – Ausstellungen Berlin Galerien – ART at Berlin