post-title Etienne Chambaud | Inexistence | Esther Schipper | 03.07.-22.08.2021

Etienne Chambaud | Inexistence | Esther Schipper | 03.07.-22.08.2021

Etienne Chambaud | Inexistence | Esther Schipper | 03.07.-22.08.2021

Etienne Chambaud | Inexistence | Esther Schipper | 03.07.-22.08.2021

bis 22.08. | #3079ARTatBerlin | Esther Schipper präsentiert ab 3. Juli 2021 die Einzelausstellung Inexistence des Künstlers Etienne Chambaud. Es ist die erste Ausstellung des Künstlers mit der Galerie.

Zu den ausgestellten Werken gehören eine olfaktorische und eine akustische Installation, eine skulpturale Arbeit, die einen bestimmten Temperaturverlauf erzeugt, drei Lichtinstallationen, Glasarbeiten, Bronzeskulpturen und modifizierte Tafelbilder.

Die erste Arbeit, der die Besucher begegnen, ist Multiplex, eine Installation, die den Geruchssinn anspricht, und somit vertraute Räume in Erinnerung ruft, aber auch als subtile Störung wirkt. Sie nutzt die chemischen Verbindungen, die sowohl in den Markierungen von Tieren als auch in der menschlichen Umgebung vorkommen, um eine molekulare Verbindung zwischen dem Lebensraum des Tigers und dem Filmtheater herzustellen. Die Arbeit greift das Prinzip der unwillkürlichen Erinnerung auf: die oft unbewusste Assoziation eines Ortes oder einer Erfahrung mit einem Geruch.

Die einzige Lichtquelle im Ausstellungsraum stellen die drei Arbeiten aus Chambauds Serie Models for Afar dar. Zwischen einer Videoleinwand, einem Leuchtkasten und einer von der Decke hängenden Lampe strahlt jede Arbeit aus der Serie sanft modulierte Lichtformationen aus, da sie so programmiert ist, dass sie die atmosphärischen und meteorologischen Lichtverhältnisse des Himmels zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort simuliert. In ein rotes Licht getaucht, erleben die Betrachter in Model for Afar (Solis Lacus, 7 November 1492) einen solaren Marstag des späten 15. Jahrhunderts. Model for Afar (Regensburg, 5 November 333 BCE) hingegen nimmt ein Gemälde von Albrecht Altdorfer zum Ausgangspunkt und verbindet das Datum des dargestellten Ereignisses – die Schlacht Alexanders des Großen bei Issos im Jahr 333 v. u. Z. – mit Altdorfers Standort, als er die Darstellung 1529 malte. Ein drittes Werk leuchtet mit der nicht untergehenden Sonne eines arktischen Sommers in Kanada über der noch unbenannten Terrorbucht, am 14. Juli 1789. Doch die Faszination dieser Werke liegt nicht darin, das Geflecht von Referenzen, das sich in ihrer Entstehung verbirgt, fein säuberlich zu entschlüsseln. Vielmehr bewirkt Models for Afar eine erfahrbare Diskontinuität: Die Arbeiten entwerfen andere Orte – sowohl zeitlich als auch räumlich – doch die imaginäre Reise wird durch unseren wahrnehmenden Körper geerdet, der schließlich in seine eigene Realität zurückkehren muss.

In einer Glasskulptur aus der Serie Globes, die die Überreste von Objekten und Materialien enthält und konserviert, die im Zuge ihres Einschlusses in das flüssige Glas zerstört und transformiert wurden, bricht sich das Licht von Models for Afar.

Mit der Installation Fever überträgt Chambaud die Symptome einer Krankheit auf ein lebloses Objekt: Ein Teil der Wand zeigt das Temperaturmuster einer bestimmten Krankheit. Spürbar warm, lässt sich die Entwicklung auch auf dem Display des Thermometers ablesen, von dem aus mehrere Sensoren sich wie schmale schwarze Fühler über die Wand ziehen.

Eine Soundinstallation mit dem Titel Syrinx* bringt den Klang von mehreren Singvögeln in den Galerieraum. Ihre komplexen Vokalisierungen, die mithilfe von artifiziellen neuronalen Netzen synthetisiert wurden, befinden sich in einem ständigen Prozess der Metamorphose, da die individuelle Stimme eines jeden Vogels von den der anderen beeinflusst wird.

Von der Decke hängend, dreht sich langsam eine Bronzeskulptur aus der Serie Necknot. Sie ist sowohl organisch als auch mathematisch und besteht aus einer Kombination von abgetrennten Vogelhälsen, die zu einem kontinuierlichen Knoten zusammengefügt sind.

In einer Art Umkehrung wird der Besucher während der gesamten Ausstellung mit den stummen Blicken konfrontiert, die von Chambauds Serie Uncreatures ausgehen. Die historischen Ikonen, Tafelbilder religiöser Figuren vor goldenem Hintergrund – Symbol des nicht erschaffenen, göttlichen Lichts -, wurden modifiziert und die Figuren bis auf die Augen vollständig mit Blattgold überzogen. Ihre Blicke fungieren als räumliche Fixpunkte, aber auch, wiederum in Anlehnung an das Ausstellungsmotiv der Dislokation und Trennung, als zeitliche.

ART at Berlin - Courtesy Esther Schipper - Etienne Chambaud
Etienne Chambaud
Uncreature, 2021 (detail)
Photo © Etienne Chambaud

Der Titel, Inexistence, suggeriert die Ausstellung als Zustand widersprüchlicher Gegebenheiten, als einen Ort, an dem Dinge und Wesen abwechselnd oder simultan entstehen, sich verändern oder abwesend bleiben können. Die Arbeiten in der Ausstellung teilen eine gewisse Grundspannung zwischen dem, was erlebt, wahrgenommen und verstanden werden kann. Sie manifestieren sich als flüchtige Sinneseindrücke – Wahrnehmungen von Geruch, Klang, Licht und Wärme -, die erscheinen und wieder vergehen. Doch inmitten dieser Ausstellung wird auch die Gewissheit des Betrachters in die eigene Position destabilisiert, ebenso wie die Notwendigkeit seiner Anwesenheit: Die synthetischen Vögel werden ihre Lieder noch lange nachdem die Besucher die Ausstellung verlassen haben weiter singen.

Etienne Chambaud geb. 1980 in Mulhouse, Frankreich. Chambaud studierte an der Ecole cantonale d’art de Lausanne (ECAL), Villa Arson, Nizza, und Ecole Nationale des Beaux-Arts (ENSBA), Lyon. Seit 2018 promoviert er im Rahmen des SACRe-Programms der Universität PSL, Ecole Normale Supérieure und Ecole Nationale Supérieure des Beaux-Arts, Paris. Der Künstler lebt und arbeitet in Paris. Zu den Chambauds Einzelausstellungen gehören: Negative Knots, La Kunsthalle Mulhouse, Mulhouse (2018); Undercuts, Forde, Genf (2012); Contre-Histoire de la Séparation, CIAP, Vassivière (2010); The Sirens’ Stage, David Roberts Art Foundation, London (2010).

*Der Künstler bedankt sich für die Unterstützung des Centre National des Arts Plastiques und der Fondation des Artistes bei der Entwicklung von Syrinx.

Ausstellungsdaten: Samstag, 3. Juli – Sonntag, 22. August 2021

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Ausstellung Etienne Chambaud – Esther Schipper | Zeitgenössische Kunst in Berlin | Contemporary Art | Ausstellungen Berlin Galerien | ART at Berlin

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