bis 31.05. | #4641ARTatBerlin | Galerie Esther Schipper zeigt ab 02. Mai 2025 eine Einzelausstellung der Künstlerin Merikokeb Berhanu.
Merikokeb Berhanu verbindet in ihrem Werk abstrakte und gegenständliche Elemente und entwickelt so ein eigenes formales Vokabular. Ihre biomorphe Bildsprache weckt Assoziationen zum Leben: Abgerundete Formen erinnern an Zellen, Knospen, Samenkapseln oder embryonales Leben und suggerieren Prozesse der Empfängnis, der Trächtigkeit, der Fortpflanzung oder der Geburt – Themen, die eher erahnt als ausgesprochen werden. Eine kreisförmige Form erinnert an Himmelskörper wie Sonne oder Mond, kann aber auch als Kopf einer Figur, als Organ oder – in einem formalen Vokabular, das unseren Maßstabssinn stark destabilisiert – sogar als zelluläre Struktur positioniert werden. Bezüge zum tierischen Leben zeugen von einem Verständnis für die Verbundenheit aller Lebensformen.
Ebenso fließend in ihrer Bedeutung sind Merikokebs Darstellungen menschlicher länglicher Formen mit abgerundeten Köpfen, die ebenso gut eine Gruppe von Blumen wie eine Gemeinschaft von Männern und Frauen darstellen könnten. Untitled XCX zeigt Fragmente des menschlichen Körpers und demonstriert auf wunderbare Weise diese Verschmelzung von pflanzlichen, organischen und vielleicht sogar mineralischen Formen. Mehrere längliche Formen können gleichzeitig als abstrakt, organisch und menschlich angesehen werden. Solide Farben wechseln sich mit kompliziert gemusterten Abschnitten ab, in denen Linien zu Zellmembranen, Strömungen eines orangefarbenen Stroms oder einem Feld aus schematischem technischen Detritus werden können.
Merikokebs Gemälde vereinen eine erd- und lebensgebundene Zeitlosigkeit mit Verweisen auf Technologie, die gleichermaßen präzise und weitreichend sind. Manchmal sind die Oberflächen mit Mustern bedeckt, die an die kantigen Fäden von Mikrochips oder schematischen Hauptplatinen erinnern, als hätten sie sich autonom ausgebreitet. Diese Fantasie-Schaltkreise, die manchmal in einem Matrix-Grün gehalten sind, das an Darstellungen des Cyberspace in der frühen Science-Fiction erinnert, signalisieren eine moderne, industrielle und digitale Welt. In Untitled XCIX ist eine Ansammlung verschachtelter ovaler Formen in der Mitte von einer Reihe roter Kreise umgeben, die über ein breites grünes Band gepunktet sind – vieldeutige Hybride aus Wildblumen, Blutzellen und Mikroschaltkreisen. Auch in Untitled XCXII finden sich diese roten Formen, die hier von verschiedenen technikähnlichen Abschnitten überlagert werden und eine dunkle geometrische Leere in der Mitte umgeben.
Während Merikokebs Werk seit langem einen Schwerpunkt auf Lebensformen und biomorphen Bildern hat, werden die Einbeziehung technologischer Elemente und die Darstellung verletzter Tiere, wie der Haufen Fischgräten am unteren Rand von Untitled XCIX, auf den Umzug der Künstlerin in die USA im Jahr 2017 zurückgeführt, wo sie sich mit den Auswirkungen von Massenkonsum, Umweltverschmutzung und Klimawandel auseinandersetzte. Paradoxerweise hellte sich nach ihrem Umzug auch ihre Farbpalette auf.
Die Spannung, die Merikokebs Herangehensweise an die Bedeutung von Farbe und Form, abstrakter und gegenständlicher Form innewohnt, zeugt von einer tief empfundenen Spiritualität, die von einer wahrgenommenen Entfremdung zwischen Mensch und Natur geplagt ist, aber auch von einem Glauben an die lange Geschichte der menschlichen Widerstandsfähigkeit angetrieben wird. Ihre Bilder haben eine aktuelle und zeitgenössische Stimmung, nicht wegen ihrer Bezüge zu einem vagen technologischen Formenvokabular, sondern wegen der Mischung aus Melancholie und Kraft. Es gibt Traurigkeit, aber auch den Willen, Schönheit und Hoffnung im Leben und in der Form zu finden.
Über Merikokeb Berhanu
Merikokeb Berhanu wurde 1977 in Addis Abeba, Äthiopien, geboren und machte 2002 ihren Abschluss an der Addis Abeba University, Alle School of Fine Arts and Design, mit dem Schwerpunkt Wandgestaltung.
Seit ihrer Teilnahme an der Biennale von Venedig 2022, The Milk of Dreams, hat die Künstlerin zahlreiche Ausstellungen in Europa und den USA absolviert. Zu den jüngsten Ausstellungen gehören: Making Their Mark, kuratiert von Cecilia Alemani, Shah Garg Foundation, New York (2023) und Ethiopia at the Crossroads, Walters Art Museum, Baltimore (2023).
Eröffnung: Freitag, 02. Mai 2025, 11 – 18 Uhr
Ausstellungsdaten: Freitag, 02. Mai – Samstag, 31. Mai 2025.
Bildunterschrift Titel: Merikokeb Berhanu, Untitled XCIX, 2025 | Courtesy of the artist, Addis Fine Art and Esther Schipper, Berlin, Paris, Seoul. Foto © Dawn Whitmore
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