bis 12.03. | #0372ARTatBerlin | Galerie Deschler zeigt zur Zeit die Ausstellung „Engadin“ mit dem Künstler Holger Bär.
Der Wuppertaler Maler Holger Bär malt seine Bilder seit Ende der 1980er Jahre nicht per Hand, sondern mit selbstentwickelten Maschinen. In den letzten Jahren hat er sich verstärkt mit den Farbtheorien der Pointillisten auseinandergesetzt und einen neo-pointillistischen Stil entwickelt, um insbesondere mittels der Prinzipien der optischen Farbmischung seine Bilder in Öl oder Akryl auf Leinwand umzusetzen. In der Ausstellung „Engadin“ zeigt er eine Auswahl aus seinem Engadin-Projekt der letzten Jahre, in dem er die Landschaften um St. Moritz mit besonderem Bezug auf den Maler Giovanni Segantini umsetzt. In einem Essay zu Holger Bär’s Neo-Pointillismus schreibt Thorsten Ebeling:
„Die Vorstellung, dass in einem Gemälde das Grün eines Baumes gar kein Grün ist, sondern sich aus gelben, blauen, vielleicht sogar roten Punkten zusammensetzt, ist verwirrend. Was den pointillistischen Malern des späten 19. Jahrhunderts heftige Reaktionen auf ihre Gemälde einbrachte. Künstler wie Seurat setzten ihren Zeitgenossen nämlich nicht die gewohnte Art von Bildern vor, sondern eher so etwas wie Bauanleitungen, aus denen erst durch die unbewusste Tätigkeit des menschlichen Wahrnehmungsapparates ein Gemälde entsteht. Ein von Seurat gemalter Baum ist ganz offensichtlich nichts als eine flirrende Anhäufung farbiger Punkte. Es findet also eine Transformation statt: aus kleinen Farbpunkten wird ein Gemälde. Aber wo genau passiert diese Transformation? Letztlich im Betrachter – der sich in den Prozess der Bildentstehung mit einbezogen sieht. Im Kern geht es um Farbtheorien und um wissenschaftliche Erkenntnisse zur Wahrnehmung. In den Gemälden Seurats und anderer Pointillisten wird das jedoch nicht als Selbstzweck vorgeführt. Diese besondere Maltechnik ist vielmehr ein Werkzeug, sie dient dazu, ein künstlerisches Anliegen umzusetzen. Das Ziel ist, den Betrachter, der sich mit einem pointillistischen Bild auseinandersetzt, am Geschehen auf der Leinwand teilhaben zu lassen. Und zwar mit der gleichen Intensität, mit der sich der Künstler wiederum mit der Realität auseinandersetzt. Die Pointillisten verlagerten die eigentliche Erschaffung des Gemäldes in den Betrachter selbst. Es ist sein eigenes Wahrnehmungssystem, das das Bild beim Schauen überhaupt erst entstehen lässt, und zwar immer wieder von Neuem.
Ein pointillistisches Gemälde beruht zwar auf Farbtheorien und auf den wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Wahrnehmung, die praktische Umsetzung geschah jedoch damals noch intuitiv und auf der Grundlage von Erfahrungswerten. Künstlern wie Georges Seurat, Paul Signac und Henri Edmond Cross fehlten die technischen Möglichkeiten, wie sie heute der Computer bietet. Holger Bär ist es gelungen, den Prozess der Herstellung von Gemälden an Maschinen zu delegieren. Er setzt Computer ein, um aus Bildern Programmcode zu erzeugen, und daraus wiederum Gemälde. Der sich nun anschließende nächste Schritt ist nur zu logisch: die auf diese Weise hergestellten Gemälde folgen den von den Pointillisten entdeckten Gesetzmäßigkeiten und Techniken. Dies ist um so naheliegender, als die von den Maschinen gemalten Bilder aus Bildpunkten zusammengesetzt sind. Die pointillistischen Methode, einzelne Punkte aus reinen Farben zu setzen, kann direkt in den von Holger Bär seit 1989 entwickelten Workflow einbezogen werden. Hundert Jahre, nachdem Seurat seine ersten rein pointillistische Gemälde ausstellte, hat der Maler Holger Bär eine vergleichbare Transformation entwickelt.“
Ausstellungsdaten: Freitag, 18. Dezember 2015 – Samstag, 12. März 2016
[maxbutton id=“23″]
Bildunterschrift: Holger Bär, Hubschrauber, 2016, Acryl auf Leinwand, 150 x 150 cm.
Holger Bär Ausstellung – Galerie Deschler – Kunst in Berlin ART at Berlin