bis 31.07. | #2105ARTatBerlin | Grimmuseum zeigt derzeit die Gruppenausstellung Spiele mit der Ewigkeit mit Werken von zwölf KünstlerInnen aus Berlin und Seoul, kuratiert von Keumhwa Kim (Keum Art Projects).
Gruppenausstellung Spiele mit der Ewigkeit mit folgenden KünstlerInnen: Carla Cabanas, Andrés Galeano, Ka Hee Jeong, Nam Hoon Kim, Shinae Kim, Yuni Kim, Jenny Michel, Jong Oh, Sophia Pompéry, Euan Williams, Seok Hyun Han, Thomas Zipp
Die Ausstellung „Spiele mit der Ewigkeit“ versammelt zwölf KünstlerInnen aus Berlin und Seoul, die sich in ihren Arbeiten mit der Zeit und ihrer Unbegrenztheit, dem Raum und seinen Grenzen, den Zwängen des Realen und den Freiheiten des Irrealen beschäftigen. Die Frage nach der Ewigkeit ist seit Urzeiten in der Kunst gegenwärtig, in ihr setzt sich der Mensch mit dem Phänomen der Zeit und dem ewigen Leben auseinander.
Von dieser Suche erzählen die KünstlerInnen in der Ausstellung. Ihre Arbeiten stellen Fragen nach dem, was da irgendwo noch sein, was da irgendwann passieren könnte, auch jenseits unserer Wahrnehmungsgrenzen. Ihre künstlerischen Strategien basieren auf alltäglichen Beobachtungen, auf dem Sammeln von Daten aus der Wissenschaft, auf Traditionen und auf Ritualen. Die Arbeiten kreisen um die Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, flirten mit dem Ephemeren und streiten für die ewige Kunst, ihrem spielerischen Trieb folgend: nach Unendlichkeit und Ewigkeit.
Die Ausstellung wird eröffnet mit der Performance „Pathologies of the Image“ von Andrés Galeano. Wie in einem Requiem reimen und singen zwei Opernsängerinnen (Vannessa Lanch & Anastasia Nikolova) über die physischen Gefahren, denen ein Kunstwerk ausgesetzt ist – über Schadstoffe, Schädlinge oder klimatische Bedingungen. Ihr Gesang handelt von der Sterblichkeit eines Kunstwerkes, unterstreicht zugleich die Immaterialität der Kunst und spielt mit dem Flüchtigen der Kunst, die in jedem Moment vergänglich ist und doch Ewigkeit beansprucht.
Kuratiert von Keumhwa Kim (Keum Art Projects).
Euan Williams (lebt und arbeitet in Berlin)
This is beyond you (2013)
Euan Williams’ (*1984) Sound-Installation „This isbeyond you“ beschäftigt sich mit dem Sichtbarmachen der Zeit, die vergangen ist. Auf 11000 gestapelten Papieren, die mitgenommen werden können, weist Williams auf den im Raum installierten Klang hin, den ein erwachsener Besucher nicht hören kann. Die Installation besitzt eine Frequenz, die nur Kleinkinder hören. Mit dem Verweis auf diese akustische „Fähigkeit“, die mit dem Erwachsen werden verloren geht, lädt Williams die Besucher ein, sich über die vergangene Zeit bewusst zu werden. Seine Skulptur schafft einen immateriellen „Nachdenkraum“. Ein eigentlich nicht zu hörender Klang verändert das Bewusstsein der Besucher.
Jong Oh (lebt und arbeitet in New York / Seoul)
Room Drwaing (Objects) #6 (2018)
Jong Ohs (*1981) Skulpturen handeln von der Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit von Räumen, die durch Raum-Erfindungen und Raum-Erfahrungen ausgelotet werden. Der Ausgangspunkt seiner In Situ-Skulpturen sind architektonische Beschaffenheit, das Licht und der Schatten. Mit einer minimalen Auswahl an Materialien wie Draht, Faden, Holz oder Plexiglas und nach einem intensiven, fast meditativen Aufenthalt vor Ort erarbeitet Oh neue Raumsituationen, deren vertikale und horizontale Kompositionen unsere Wahrnehmung irritieren. Sein „Room Drawing“ ist ein Dialog zwischen Linien und Flächen, Materialien und Licht. Oh träumt von einer unendlichen Erweiterbarkeit von Räumen und unserer Umwelt.
Sophia Pompéry (lebt und arbeitet in Berlin)
Frequency (2018)
Sophia Pompérys (*1984) neue Videoarbeit fängt einen flüchtigen Moment ein, nämlich den vom Mond beschienenen Wellengang. Die in Be wegung gesetzte Wasseroberfläche spielt mit dem trügerischen Schein der Reflektion: Ist es allein das Bild der reflektierten Wasserfläche oder eine optische Täuschung, die manipulativ mit filmischen Mittel hergestellt wurde? Je länger man die Arbeit betracht, scheint sich das Licht vom schwarzen Untergrund zu lösen und in Schwingungen zu geraten. Schwarmartig formiert sich das Video-Bild immer wieder neu und erinnert an Insekten oder Schriftzeichen einer fremden Kultur. Kunstvoll untersucht Pompery optische Gesetzmäßigkeiten, und physikalische Phänomene und findet darin Metaphern für Zeit und Raum. Mittels minimaler Interventionen stellt sie die Verhältnisse in unserem Alltag assoziativ in Frage und bietet uns verführerische Variationen an.
Ka Hee Jeong (lebt und arbeitet in Berlin)
White bears (2016)
Ka Hee Jeongs (*1986) Installation beschäftigt sich mit der Frage, ob und wie unsere Gedanken gespeichert und verewigt werden können. Der menschliche Geist ist für sie wie ein Universum unendlich vieler möglicher Gedanken, ein elektronisches Feuerwerk zwischen Gehirnzellen und Gehirnströmungen. Jeong will Objekte schaffen, die die Gedanken, die wir aus unserem Gedächtnis löschen möchten, speichern. In Kooperation mit ihrem Professor und Kunstfreund, Thomas Zipp, zeichnete sie mittels Elektroenzephalografie (EEG) die elektronische Aktivität seines Gehirns auf, in dem Moment, in dem er „böse“ Gedanken absichtlich zu unterdrücken versucht. Die graphische Darstellung seiner Gehirnströme wird als 3 D Modell ausgedruckt und zu einer Keramik verarbeitet.
Carla Cabanas (lebt und arbeitet in Berlin / Lissabon)
Archived Word (2014)
Für Carla Cabanas (*1979) sind 100 Jahre alte Postkarten ein akkumulierter Erinnerungsträger für Kultur, Identität und private Historie. Die Intimität, die persönliche Geschichte eines Anderen versucht sie einzufangen und zu verewigen, indem sie die Handschriften aufden Karten aus dem Archiv der Sammlung Eduaro Portugal mit Lasercut herausschneidet, um die Schriften als solche zu archivieren. Die nicht mehr zu entziffernden Handschriften, die verblassten Abbildungen, die Poststempel werden wie ein Relikt der Vergangenheit zusammen in einer Acrylbox arrangiert und ausgestellt.
Nam Hoon Kim (lebt und arbeitet in Seoul)
Cicatrize Vol. 1 (2017)
1118911 Enumerate death (2017)
An einem heißen Sommertag in der Regenzeit entdeckt Nam Hoon Kim (*1971) auf der Fensterbank seines Ateliers Hunderte von toten kleinen Fliegen. Mit einem Wisch wären die toten Körper wie Staub zerfallen, doch Kim sammelt sie ein, und bringt sie sorgfältig und akribisch auf Papieren an – 18 911 kleine Insekten, ein Totenregister.Gegen die Leichtigkeit der Insekten führt uns Kim durch das schier endlos wiederholte „Aufkleben“ der toten Körper metaphorisch das Gewicht von Leben und Tod vor Augen. Mit „18 911 Enermerate Death“ schafft er ein Bild für die „unerträgliche Leichtigkeit“ des Seins und die „ewige Wiederkunft des Gleichen“.
Seok Hyun Han (lebt und arbeitet in Berlin / Seoul)
Balance (2015/2018)
Iron Fresh (2018)
Zwei Hanfpflanzen versucht der koreanische Künstler Han (*1975) vergeblich ins Gleichgewicht zu bringen. Durch eine von dem Künstler konstruierte Holzwaage werden zwei Töpfe mit Hanfpflanzen je nach ihrem Wachstum in Bewegung gesetzt: Die eine Pflanze, die mehr gewachsen ist, senkt sich auf der Waage nach unten, damit wird der Wasserzulauf nach oben gebracht, zur schwächeren Pflanze, die nun besser wächst, bis sie nach unten wandert. Mit Hanf, einer uralten Kulturpflanze, die seit 10.000 Jahren als Nutz- und Heilpflanze sowie Rauschmittel verwendet wird, die heute wieder in Wirtschaft und Medizin an Bedeutung gewinnt, erzählt Han von der Kraft der Natur und von menschlichen Eingriffen, von Heilung und Zerstörung, die sich in einem ewigen Kreislauf befinden.
Shinae Kim (lebt und arbeitet in London / Seoul)
sforzando/sehr betont (2018)
Shinae Kims (*1984) ortsspezifische Arbeiten beschäftigen sich mit der Erfahrbarkeit von Räumen. Für sie hat ein Raum keine festgelegte Form, sondern wechselnde Beschreibungen, die sich aus unendlich vielen denkbaren Begebenheiten und basierend auf mathematischen oder physikalischen Formeln entschlüsseln lassen. In ihren neuen Arbeiten erfasst Kim den Raum durch Dreiecke als kleinste Einheit. Sie dekonstruiert den Raum aus unendlich vielen denkbaren Relationen dieser Dreiecke zueinander. Die Winkel schaffen Übergänge zwischen der zweiten zu dritten Dimension. Der Raum schwingt, kippt, bewegt sich und lädt zu einer Entdeckungsreise ein, die scheinbar unerschöpflichen Möglichkeiten eines Raumes zu erleben.
Yuni Kim (lebt und arbeitet in Berlin)
Versunkener Bereich (2017 bis in die Zukunft)
Stilles Leben #7 (28.5.2018)
Ausgehend von alltäglichen Beobachtungen versucht Yuni Kim (*1984) das Unsichtbare sichtbar zu machen und flüchtige Momente einzufangen. Der „Versunkene Bereich“ ist eine mit altem Öl gefüllten Schüssel, die sich im Verlauf der Ausstellung immer mehr mit toten Fliegen füllen wird. In Verbindung mit ihrer Fotografie „Stilles Leben“, in dem an einer großen leeren Wand lediglich eine Packung Silicate zu sehen ist, verweist sie so spielerisch wie tiefsinnig auf Anwesenheit und Abwesenheit, Alltag und Vanitas, Leben und Tod. Mittels einfacher Alltagsgegenstände erspürt Kims Kunst Leerstellen in unserem Leben und verwickelt unsere Gedanken in ein hintersinniges Spiel über die Vergänglichkeit allen Seins.
Thomas Zipp (lebt und arbeitet in Berlin)
10 PINK PILL (Magic Square of Four) (2018)
„Pink Pill“ von Thomas Zipp (*1966) geht von seiner Auseinandersetzung mit dem mathematischen Modell der „Magic Square of Four“ aus, das Claude Fayette Bragdon (1866- 1946) in Higher Space Theorie (A Primer of HigherSpace) beschreibt. Die Abhandlung des amerikanischen Architekten, Autors und Theosophen befasst sich mit der vierten Dimension als ein Prinzip des Wachstums und der Veränderung von Zeit und Raum. Entstanden 1913 ist sie inspiriert von Einsteins spezieller Relativitätstheorie von 1905 und den Gedanken über das Raum-Zeit-Kontinuum. Zipps Installation besteht aus einem Würfel und einer Flasche. Der Würfel zeigt den vom Bragdon entworfenen „Magic Square of Four“, der eine Expansion des Raumes andeutet. Durch Aufsetzen der pink gestrichenen Gasflasche auf dem Kubus, die an eine Wunderpille oder Droge erinnert, wird die Expansion des Raumes, des menschlichen Gedankens und auch des Universums methaphorisiert.
Jenny Michel (lebt und arbeitet in Berlin)
Fallen Gardens (2013-2017)
Ein Meer aus Klebstreifen hängt von der Decke des Raumes. Auf ihnen haften Textfragmente, die Zeile für Zeile aus Lexika herausgerissen wurden. Wie ein Gedankenregen löst sich hier das angesammelte enzyklopädische Wissen vor dem Auge des Betrachters auf. Darunter die Paradies-Vehicles, die vom Zerfall zerfressen, zerlöchert sind, versehen mit technischen Zeichnungen und Bauplänen, gestrandet auf einem Schrottplatz, erinnern sie vage an Fortbewegungsmittel, die auf dem Weg ins Paradies stecken geblieben sind. Jenny Michels (*1974) Installation thematisiert die Sehnsucht der Menschen nach einer neuen Welt in Anknüpfung an Walter Benjamins Engel der Geschichte. Es geht um den menschlichen Drang nach Wissen, um das verschlossene Paradies und um die Widersprüche unserer Wirklichkeit.
Andrés Galeano (lebt und arbeitet in Berlin/Barcelona)
Pathologies of the image (2018)
Music und Scores von Sopranen
Vanessa Lanch& Anastasia Nikolova
Tonmischung und Bearbeitung: Johannes Schäfer
In Analogie zu seiner früheren Serie Al Sol und Unknown Photographers beschäftigt sich Andres Galeano (*1980) in seiner Performance „Pathologies of the Image“ mit dem Zusammenspiel von Entstehung, Zerfall und dem ewigen Kreislauf des Kosmos. In einem Requiem reimen und singen zwei Opernsängerinnen (Vannessa Lanch & Anastasia Nikolova) über die physischen Gefahren, denen ein Kunstwerk ausgesetzt ist – über Schadstoffe, Schädlinge oder klimatische Bedingungen. Ihr Gesang handelt von der Sterblichkeit eines Kunstwerkes, unterstreicht zugleich die Immaterialität der Arbeiten und spielt mit dem Flüchtigen der Kunst, die in jedem Moment vergänglich ist und doch Ewigkeit beansprucht.
Führung mit Kuratorin Keumhwa Kim: Freitag, 13. Juli, 18.00 Uhr
Ausstellungsdaten: Samstag, 07. Juli – Dienstag, 31. Juli 2018
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Bildunterschrift: Installation view, Thomas Zipp, Yuni Kim, Shinae Kim, Spiele mit der Ewigkeit, 2018, Berlin, Courtesy of Artist, Grimmuseum, Keum Art Projects, Foto: Andrés Galeano
Ausstellung Spiele mit der Ewigkeit – Gruppenausstellung – Grimmuseum | Contemporary Art – Zeitgenössische Kunst in Berlin – ART at Berlin