post-title Martin Kippenberger | Works from private collections from the 80s and 90s | Galerie Max Hetzler | 13.01.-25.02.2023

Martin Kippenberger | Works from private collections from the 80s and 90s | Galerie Max Hetzler | 13.01.-25.02.2023

Martin Kippenberger | Works from private collections from the 80s and 90s | Galerie Max Hetzler | 13.01.-25.02.2023

Martin Kippenberger | Works from private collections from the 80s and 90s | Galerie Max Hetzler | 13.01.-25.02.2023

bis 25.02. | #3756ARTatBerlin | Galerie Max Hetzler zeigt ab 13. Januar 2023 in der Goethestraße 2/3 die Ausstellung des Künstlers Martin Kippenberger.

Galerie Max Hetzler präsentiert eine Ausstellung mit Werken von Martin Kippenberger (1953-1997) aus den 1980er und 1990er Jahren aus Privatsammlungen, heute denken – morgen beenden. Neben Gemälden, Skulpturen und Zeichnungen von Kippenberger zeigen wir Fotografien von Wilhelm Schürmann und Andrea Stappert. Archivmaterial und Publikationen des Künstlers sind in Vitrinen ausgestellt.

Dies ist die sechzehnte Einzelausstellung in den Galerien Max Hetzler, Samia Saouma und Luhring Augustine Hetzler seit Kippenbergers erster Ausstellung in der Galerie Max Hetzler 1981 in Stuttgart. Darunter finden sich wegweisende Ausstellungen wie Die I.N.P Bilder (1984), Peter – Die russische Stellung (1987), Fred the Frog (1991) und Hand Painted Pictures (1992), die jeweils von Publikationen begleitet wurden.

Im nachfolgenden Text, in form eines Briefes der nie verschickt wurde, erinnert sich Kippenbergers ehemaliger Galerist Peter Pakesch Ende 2022 an Begegnungen und Eindrücke in den 90er Jahren

Lieber Martin,

Eine schöne Überraschung war das, Dich gestern mit Elfie1 beim Fest für Krischanitz in der Secession getroffen zu haben! Es ist ja schon länger her, dass wir uns zum letzten Mal getroffen hatten. Dich zusammen mit Elfie zu sehen, hat schon etwas. Es ist immer schön, zu sehen, wenn Freunde aus ganz unterschiedlichen Ecken zusammenkommen. Vor zwei Jahren bei Michels2 Geburtstag hätte ich mir das noch nicht so vorstellen können. Jetzt bis Du, auf ganz einem anderen Weg, wieder in die Wiener Suppe getaucht.

Wie war das doch, als Du – ich hatte meine Galerie erst eröffnet – nach der Messe in Basel, auf der wir uns erstmals so richtig begegnet waren, mit Max in Wien aufgetaucht bist? Irgendwie ist da eine andere Welt in unsere graue Wiener Idylle eingebrochen. Laut und angeberisch, erfrischend und schnell. Zwei Tage intensiver Gespräche und Erkundungen der Nacht. Ich wusste, da geht’s auch für mich lang, wenn ich hier die Szene aufmischen wollte. Ich bewunderte Deine strategischen Überlegungen, Deinen Willen die Welt der Kunst umzukrempeln. Was folgt, ist Geschichte. Wir hatten Ausstellungen vereinbart und ein Treffen bei Alberts Eröffnung später im Sommer in Stuttgart bei Max. Dort vertieften sich unsere Gespräche, wir entdeckten viele Gemeinsamkeiten. Albert, Werner, Markus und Du, wir hatten doch sehr viele gemeinsame Koordinaten. Ein Telefonat, das ich für Albert mit Wolfi Bauer in Graz vermittelte traf das auf den Punkt.

Ein paar Monate später seid Ihr dann nach Wien gekommen um bei mir auszustellen: „Schwerter zu Zapfhähnen“. Ein Drucker bei der Rema-Print weigerte sich, ein Plakat mit diesem Spruch über die Maschine laufen zu lassen. Rema stand für Revolutionäre Marxisten. Die Druckerei war am Weg von der Vervielfältigung von Flugblättern zu Wiens führender Kunst-Druckerei. Das Plakat wurde gedruckt und erregte ziemliche Aufmerksamkeit in den Lokalen der Stadt. Dann kam der Moment Eurer Ankunft. Du warst gut vorbereitet. Dein Freund Michel Würthle hatte Dir von Berlin aus eine Schiene zu seinem Freund Kurt Kalb3 in der Wiener Bäckerstrasse gelegt. Die Sause ging sofort los. Dass die Bilder kamen und gehängt werden mussten, war fast nebensächlich. Die Tage vor der Eröffnung waren durchgetaktet. Kurt schlug Räder, Ihr habt Euch überboten. Die Wiener schauten mit großen Augen zu. Da war plötzlich etwas anders. Ich hatte es genossen und war sehr zufrieden. Die Ausstellung und die Zusammenarbeit konnten gut beginnen. Neben alledem warst Du mitten drinnen, mir Deine ganzen strategischen Überlegungen zu erzählen, wie Wien umgebaut werden könnte und was der deutsche Markt alles bräuchte etc. Für mich war das ganz wichtig, um meine ohnehin hochfliegenden Pläne nochmals zu bestärken. Daraus wurde ja schlussendlich ein andauernder Dialog. Dein Bedürfnis, Dich einzumischen musste nur kanalisiert werden. Ich bewunderte, wie Du Dich mit Max ergänzt hast, Du das Rundherum der Galerie organisiert hast, oder vermeintest, solches getan zu haben. Etwas später, und ganz anders, widerfuhr mir hier in Wien Vergleichbares mit Franz West. Franz, Dir so ähnlich und doch so verschieden –  wie später auch in Los Angeles Mike (Kelly), ein Bruder im Geiste und ein Widerpart. So ähnlich Ihr wart, bliebt Ihr immer auf respektvoller Distanz. Ganz im Unterschied zum Umgang mit anderen. Auch ich hatte immer wieder meine Schwierigkeiten, Dich, wenn nötig, in gemessener Distanz zu halten. Viele konnten das nicht, was zu Deiner mäßigen Beliebtheit bei vielen Kuratoren beitrug.

Da fällt mir Deine große Sympathie und Dein Einsatz für die anderen Künstler ein, wenn Du sie mochtest, ihr Tun schätztest. Anders, wenn Dich jemand nicht überzeugte. Da warst Du unbarmherzig und hast das die ganze Welt wissen lassen. Deine langen Conférencen über die Qualitäten der anderen, der Bewunderten und der Verachteten waren Legende. Sie konnten nerven, sie konnten aber auch tiefe Einblicke bieten. Du hattest immer ein sehr präzises Auge für andere Werke. Du warst der beste Beweis für eine Analyse der Kunst jenseits der Kunstgeschichte, ein Zeugnis freier Betrachtung und eines unüblichen Urteils. Da lernte man viel, wenn man wollte.

Deinem Einsatz für andere und den Anregungen, die daraus folgten, verdanke ich manche schöne Ausstellung. Irgendwie hatte es sich noch nicht herumgesprochen, dass auch Künstler kuratieren können. Der Begriff des Kuratierens war ja noch jung. Jedenfalls kamst Du schüchtern mit der Idee, Deine Freunde Förg, Herold, Kiecol, Meuser und Mucha auszustellen. Daraus wurde eine wunderbare gemeinsame Erfahrung. Aus dem Katalog wurden zwei, der eine herkömmlich, der zweite dann, ein Jahr später, als Du aus Brasilien zurück warst, in gezeichneter Form. Du hast dann nie verwunden, dass Du mir dafür die Zeichnungen überlassen hast.

Bei der Vorbereitung der Ausstellung geschah dann auch ein Malheur, dessen Bewältigung mir Deine großartige Menschenkenntnis und diplomatischen Fähigkeiten zeigte, die man bei Dir vielleicht nicht vermutet hätte. Ich hatte von Reinhard Mucha im Jahr zuvor bei Max ein großartiges Werk gekauft. Bonn hieß es, ein Schlüsselwerk. Es wurde mit den anderen Werken der Ausstellung geliefert. Glücklicherweise kam noch ein zweites Werk vom Mucha mit, denn bei dem einen Werk war von der Glasscheibe mit dem Schriftzug eine Ecke abgebrochen. Ich dachte pragmatisch, von einem Glaser und einem Schriftenmaler ein Duplikat herstellen zu lassen und war stolz darauf. Als ich Dir davon erzählte, erklärtest Du mir sofort, dass dies ganz falsch war, und man Mucha so nicht hintergehen dürfe. Ich hatte nämlich vor, ihm die gebrochene Scheibe zu unterschlagen und ihm die erneuerte unterzujubeln. Du erklärtest mir, Reinhard würde das sofort durchschauen, weil der Schriftenmaler die Feinheiten der Typografie sicher nicht so hinbekommen hätte. Mucha, den Du Schrauben-Peter nanntest, hatte zu seinem Unglück und sicher gepaart mit seinem genauen, wenn nicht peniblen Umgang mit den Dingen, eine lange Geschichte von Schäden. So war ich gewarnt davor, den Fehler zu machen, Mucha hinters Licht zu führen, und Du hattest mir dabei in kurzen Worten präzise Deine Sicht auf sein Werk und sein Wirken erklären können, in einer Form, wie ich sie sonst nicht gehört hätte. Dieses eine Werk wurde erst ein Jahr später für Harald Szeemanns Ausstellung De Sculptura  wieder instand gesetzt. Doch das ist eine andere Geschichte.

Für Dein Feingefühl und Dein diplomatisches Geschick steht noch eine andere Geschichte: als ich später zwei Galerieräume in Wien hatte, waren einmal parallel zwei Ausstellungen angesetzt, eine mit Otto Zitko in der Ungargasse und Deine Peter 2 Ausstellung in der Ballgasse. Ein Großereignis. Im Vorfeld hatte ich Otto gewarnt, dass es für ihn schwierig werden könnte, am selben Abend zu eröffnen und ihm angeboten, seine Ausstellung eine Woche davor oder danach zu beginnen. Nein, er meinte, dass es so gut sei. Wie es so kam, bekamst Du natürlich von allen Seiten mehr Aufmerksamkeit und Deine Freunde besetzten danach im Restaurant die verfügbaren Plätze. Als Otto mit seinen Freuden verspätet ankam, war kein Tisch mehr frei. Später erfuhren wir auch, dass das Restaurant, auf Grund der Verspätung Tische anders vergeben hatte. Jedenfalls war Otto wütend und verließ schimpfend das Lokal. Ich stürzte nach um den Eklat zu verhindern, der so ein noch größerer wurde. Vor dem Lokal „Oswald und Kalb”, vor der gesamten Wiener Kunstöffentlichkeit musste ich eine Suada von Otto über mich ergehen lassen, was ich in den Jahren unserer Zusammenarbeit alles falsch gemacht und wie ich ihn schlecht behandelt hätte. Nachdem ich genügend Asche auf mein Haupt gestreut hatte, war der Dampf draußen, und wir konnten wieder ins Lokal gehen, wo inzwischen, in aller Eile, ein neuer Tisch für uns gerichtet war. Doch die Stimmung blieb gedrückt. Dann kamst Du daher und beginnst mit einem ähnlichen Lamento. Ich dachte kurz, nicht auch der! Doch recht bald schnallte ich, dass Du zu einer freundlichen Persiflage von Ottos Auftritt angesetzt hattest. In Kürze bogen sich alle, auch Otto, vor Lachen und die Situation war in einer wunderbaren Art und Weise aufgelöst. Wir konnten ungezwungen bis in die späte Nacht feiern.

Peter 2 war übrigens ein ganz wichtiger Moment in Deiner Karriere und für den Blick auf Dein Werk. Zuvor hatten Max und ich immer wieder darüber gesprochen, welches Werk, welcher Künstler wie einzuschätzen sei. Mit dieser Ausstellung war ich mir gewiss, dass Du ganz oben stehen würdest, eine Einschätzung, die auch Max damals etwas erstaunte. Du selbst hattest Dich zuvor meistens eher in der zweiten Reihe gesehen, hinter Albert, Werner oder Reinhard. Einige Zeit später erzähltest Du mir von einem Wahrsager, der Dir vorhergesagt hätte, dass Du nochmals ganz groß rauskommen würdest, was dann auch prompt geschah. Dieser Wahrsager hatte Dich ganz mächtig beeindruckt. In seinem Lokal in Paris waren, Deiner Erzählung nach, die Größen der Popwelt wie Mick Jagger oder Keith Richards zu Gast und ließen sich weissagen. Diese Gesellschaft gefiel Dir natürlich ganz besonders. Es war auch ein markantes Zeichen, wie sehr Du begonnen hattest, weit hinaus zu denken. Die New Yorker Version der Peter Ausstellung brachte uns – ich war zufällig in der Zeit des Aufbaus und der Vernissage bei Metro dort – äußerst intensive Gespräche zwei sehr lange Nächte hindurch, in denen wir das Marschpulver aufbrauchten, das Dir die Galerie zum Aufbau zur Verfügung gestellt hatte. Du hattest die beiden Galeristinnen genötigt, Dir etwas zu besorgen, als Unterstützung und zur Kompensation des verspäteten Eintreffens der Werke, damit im Akkord alles rechtzeitig fertig würde.

Ich war wieder einmal beeindruckt von Deinem weiten Blick, der damals schon über Europa und die bekannte Kunstwelt hinausging. Deine Aufenthalte an verschiedenen Orten, vor allem der in Brasilien, waren von einem bisher unbekannten Umgang geprägt. So, wie Du Orte, sei es Wien, Sevilla oder Los Angeles, vermessen und Dir angeeignet hattest, war neu. Wir kamen dem globalen Dorf näher. Das würde sich dann vor allem in Deinem späten, großen Metro Netz Projekt niederschlagen. In Syros, Dawson City, Kassel entstanden Knoten zu einem neuen Netz einer Welt in der alles verbunden war.

Deine manische Produktion mit Bildern, Multiples, Skulpturen und Großprojekten kannte kaum mehr Grenzen. Es war Dir sehr ernst, wie Du gleichzeitig auch alles wieder durch groteske Gesten des Humors in Frage gestellt hast. Dadurch konntest Du Möglichkeiten aufzeigen, die auch klar zeigten, was Aufgabe der Kunst, Deiner Kunst ist. Du warst zunehmend zum Akteur in einem großen System geworden. Du konntest so viel verbinden, auch mit erstaunlicher Großzügigkeit. Du hattest dabei ein so spezielles Sensorium, was den Gebrauch der Institution Kunst und ihrer Funktion anging. Museum of Modern Art Syros, kaum je wurde die aktuelle institutionelle Praxis so auf den Punkt gebracht. Kritik und Projekt gleichzeitig.

Dass es dabei auch zu Irrwegen kam, liegt wohl auf der Hand. Diese Irrwege hatten allerdings auch immer einen speziellen Reiz, wer weiß, ob wir in manchem irgendwann einmal noch einen tieferen Sinn sehen werden? Wie z.B. in den Gummibildern?

In all dem war es schon auch traurig, zuzusehen, wie wenig die institutionelle Welt der Museen und großen Ausstellungshäuser mit Dir umgehen konnte. Sie hätten Dir eigentlich die Türen einrennen müssen, aber sie taten es kaum. Zu groß war die Angst vor Deiner Klarheit, wie Deiner Schärfe und Deinem Ungestüm. Auch bei vielen Großausstellungen wurdest Du gemieden. Du warst zwar gekränkt, aber wusstest dem sehr wohl etwas entgegen zu setzen, wie damals in Berlin bei Metropolis. Viele Deiner Freunde waren in der Ausstellung dabei, nur Du nicht. So zogst Du Dich an Deinem Berliner Stützpunkt, der „Paris Bar” Deines Freundes Michel zurück und bautest in dieses Lokal eine Gegenausstellung. Deine Sammlung, die Dir immer wichtig war, half Dir dabei ebenso, wie die mit Freuden gewährte Großzügigkeit der Künstlerkollegen und -kolleginnen. Julian4 malte am Morgen im Hotel noch ein Portrait von Juana de Aizpurufür die Ausstellung. Die Nacht der Accrochage ist mir noch in allerbester Erinnerung. Wiederum hast Du mich als Kurator verblüfft und beeindruckt, als Sammler ohnehin.

So hast Du immerzu nicht nur Kunst, sondern auch Menschen gesammelt, in Deiner Plakatproduktion kam das zunehmend zusammen. Da hast Du Dein Werk in unterschiedlichen Formen mit dem Werk anderer verweben können. Und wiederum entstand ein Netz ganz eigener Qualität und mit einem außergewöhnlichen Verständnis für dieses Medium. Was für eine Freude war es, mit Dir Plakate zu machen. Das floss nur so dahin ohne unnötige Schlenker.

Es wurden Beziehungen definiert, Geschichte geschrieben und reflektiert, wie Räume geschaffen wurden. Als ich 1991 für den Steirischen Herbst, Großplakate in die Grazer Straßen hängen wollte, kamst Du mit der wunderbaren Idee, eine Hommage an die Wiener Sitte zu machen, die Kaffeehäuser mit den aktuellen Ausstellungsplakaten vollzuhängen. Du wähltest das von Dir geliebte und recht archetypische Café Alt Wien. Das Lokal wurde mit einer historischen Selektion der bedeutendsten Plakate der letzten Dekade bestückt und fotografiert. Dieser Raum wurde zum Großplakat in der Stadt. Innenraum und Außenraum, verschiedene Formen von Öffentlichkeit, die Geschichte eines Ortes, das alles hattest Du virtuos im Griff. Die Vernetzung der Handlungsfelder kam dabei ganz locker daher. Wiederum diese Weite und der klare Blick.

Ob Deiner Ungeduld sah mancher fassungslos zu. Unverständnis gab es genauso wie grenzenlose Bewunderung. Deine Dynamik und die Dynamik um Dich herum ließ niemanden gleichgültig, so als wäre das alles auch Teil des Werkes. Dynamiken, wie sie immer weniger werden, wo wir das stromliniengleiche Wohlgefallen fühlen sollten. Das war nie Deines. So sehr Du die Welt umarmt hast, so sehr warst Du Dir immer auch gewiss, wo Dein Zentrum war, nämlich bei Dir selbst, in allem Gefallen und Missfallen, mit allen möglichen Widersprüchen.

Angesichts meiner neuen Situation in Basel, wie sie erst seit kurzem bekannt ist, war ich schon sehr gespannt, wann es zu einer Begegnung käme. Ein bisschen hatte ich Angst davor, kannte ich Dich doch als jemanden, der keine Gelegenheit versäumte, Ausstellungen mit einer gewissen Penetranz einzumahnen. Und jetzt, ich muss es Dir sagen, bin ich erleichtert und freue mich auf unser Projekt für die Kunsthalle! – Erinnerst Du Dich übrigens noch, wie Du damals vor etwa 13 Jahren bei der Eröffnung der Jungen deutschen Malerei im Restaurant der Kunsthalle herumgemosert hast, da Du wieder einmal nicht dabei warst? Jeden ließt Du es wissen, wie doof Du das fandest. Für unsere Begegnung jetzt, angesichts von dieser Erinnerung aus Basel mehr als eine Dekade später, hatte ich mir schon etwas zurechtgelegt. Eine ganz übliche Kippenberger Ausstellung wollte ich sicher nicht. Und wirklich, diese Selbstporträts von 1988, die Du damals bei Juana in Sevilla gezeigt hast, haben bei mir ganz nachhaltig etwas ausgelöst, was sich dann nochmals mit den griechischen Bildern verstärkt hat, die bei Max in Berlin 92 zu sehen waren. Es war schön, zu sehen, wie Du, nachdem Du die erwarteten Avancen gemacht hattest, nach meiner Bemerkung zu den Bildern von 88 kurz geschluckt und innegehalten hast. Die etwas verspätete Anmerkung, dass das vielleicht eine gute Idee sei, mit der Du dann am selben Abend zu mir zurückgekehrt bist, hat mir diesen sehr verschönert. Jetzt denke ich bereits intensiv an dieses Projekt. Ich denke, dass es jetzt gut für Dich ist, wenn ein Teil Deines Werks ganz klassisch betrachtet wird. Vielleicht gelingt es Dir auch noch, etwas Neues für die Ausstellung zu malen? Jetzt, wo Du wieder in die österreichische Nähe gerückt bist und in Jennersdorf in Kurts6 altem Atelier arbeitest, wie ich höre. Mit einer solchen Ausstellung können wir die Aufmerksamkeit auf Dein Werk in einem Ausmaß steigern, wie Du es brauchst. Die Kunsthalle ist der Ort, diesen Werkkomplex auf einem neuen Niveau zu betrachten, ganz ohne Halligalli. Jetzt müssen wir nur noch einen Termin finden.

Herzlich, Peter

Basel / Wien, Dezember 1995

P.S. Die Ausstellung, die dann 1998 posthum zwei Jahre nach Martins Tod stattfand, hatte wirklich den Effekt die Rezeption Kippenbergers nachhaltig verändert zu haben. Für die Ausstellung entstand auch ein neuer Zyklus, Das Floss der Medusa, der das Projekt krönen sollte. Dieser Zyklus stellt auch eine späte Todesahnung dar.

Peter Pakesch, geb 1955 in Graz, wo er zwischen 1976 und 1979 erste Ausstellungen und Performances im Rahmen des Forum Stadtpark und des Steirischen Herbst kuratiert. 1980 Studienaufenthalt in New York. 1981 – 1993 Galerie Peter Pakesch, Wien. 1985 Begründung des Grazer Kunstvereins mit bedeutenden Ausstellungen für den Steirischen Herbst bis 1993; zwischen 1994 und 1995 Projekte für die Prager Nationalgalerie. 1996 – 2003 Direktor der Kunsthalle Basel. Ab 2003 Leiter des Universalmuseum Joanneum und Gründungsdirektor des Kunsthaus Graz bis 2015. Dann Leiter der Maria Lassnig Stiftung in Wien.

Vernissage: Freitag, 13. Januar 2022 – 18:00 bis 20:00 Uhr

Ausstellungsdaten: Freitag, 13. Januar – Donnerstag, 25. Februar 2023

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Bildunterschrift Titelbild: Martin Kippenberger, heute denken – morgen fertig, 1983 © The Estate of Martin Kippenberger, Gisela Capitain Gallery, Cologne, Photo: Courtesy Private Collection

Ausstellung Martin Kippenberger – Galerie Max Hetzler | Contemporary Art – Zeitgenössische Kunst in Berlin – Ausstellungen Berlin Galerien – ART at Berlin

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