In der Berlinischen Galerie zeigt Pınar Öğrenci den Film „Aşît/The Avalanche“ (2022, 60 Min.), produziert für die documenta fifteen. Inspiration und Ausgangspunkt dafür war Stefan Zweigs 1942 im brasilianischen Exil verfasste „Schachnovelle“, in der das Schachspiel zu einer Überlebensstrategie im Angesicht des Faschismus wird. Öğrenci ist für ihre Arbeit in die Heimatstadt ihres Vaters, Müküs (Bahçesaray auf Türkisch), zurückgekehrt. Diese befindet sich in der Region Van an der Grenze der Türkei zum Iran. Bis 1915 waren das Bildungssystem und die Vermittlung des kulturellen Erbes der Stadt mehrsprachig: Armenisch, Kurdisch, Farsi und Arabisch existierten nebeneinander. Heute hat sie einen hohen Anteil kurdischer Bevölkerung. Der Titel des Films „Aşît“ ist Kurdisch und bedeutet „Lawine“ und „Katastrophe“. Er bezieht sich sowohl auf die Lawine, die Müküs vom Rest der Welt abzuschneiden droht, als auch auf „Meds Yeghern“ (dt. „Die große Katastrophe“) von 1915, den Völkermord an etwa 1,5 Millionen Armenier*innen während des Ersten Weltkriegs.
Öğrenci zeigt in ihrer bildgewaltigen Arbeit alltägliche Überlegensstrategien der kurdischen Bevölkerung unter staatlichem Druck. Der Film thematisiert die Spuren der verschiedenen Kulturen, die in Müküs präsent waren, bevor Teile der Bevölkerung ermordet, vertrieben oder zur Assimilation gezwungen wurden. Eine zentrale Rolle spielen dabei der armenische Musiker Hayrik Muradian, der 1918 aus der Region …
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Abb. oben: Pınar Öğrenci, Aşît, 2022, Film Still, Credits. Pınar Öğrenci