post-title Thomas Feuerstein | Star Jelly | 401 Contemporary | 15.09-17.10.2016

Thomas Feuerstein | Star Jelly | 401 Contemporary | 15.09-17.10.2016

Thomas Feuerstein | Star Jelly | 401 Contemporary | 15.09-17.10.2016

Thomas Feuerstein | Star Jelly | 401 Contemporary | 15.09-17.10.2016

bis 17.10. | #0761ARTatBerlin | 401 Contemporary zeigt ab 15. September 2016 die Ausstellung Star Jelly des Künstlers Thomas Feuerstein.

Die Arbeiten von Thomas Feuerstein sind grenzüberschreitend und universell. Sie verschränken bildnerische,
sprachliche und naturwissenschaftliche Ebenen zu „konzeptuellen Narrationen“. Feuerstein arbeitet in
unterschiedlichen Medien wie Skulptur und Installation, Grafik, Malerei, Fotografie und Netzkunst und stellt dabei
vielschichtige Bezüge zu Biologie, Wissenschaftstheorie, Ökonomie, Politik und Kulturgeschichte her. Indem er
das Faktische mit dem Fiktiven verschränkt, dekonstruiert er den Wahrheitsanspruch dogmatischer
Erklärungsmodelle und lässt neue Bedeutungszusammenhänge entstehen.
STAR JELLY ist die vierte Einzelausstellung von Thomas Feuerstein bei 401contemporary, Berlin. Im Mittelpunkt
steht die Entwicklung eines prozessualen Skulpturenbegriffs. Zusammen mit Chemikern und Biologen ist es
gelungen, ein neues, synthetisches Molekül herzustellen, das Feuerstein nicht ohne Ironie die kleinste Skulptur
der Welt nennt: PSILAMIN.
Die einzelnen Arbeiten formieren sich zu einem lebendigen Labor, das der Erzeugung von PSILAMIN dient. Am
Anfang des Prozesses stehen gläserne Skulpturen, in denen Algen und Pilze wachsen, aus denen Dopamin, ein
Glückshormon, und Psilocin, eine psychoaktive Substanz, welche bereits von den Azteken als Visionsdroge
genutzt wurde, gewonnen werden.
Die daraus synthetisierte molekulare Skulptur PSILAMIN ist ein bewusstseinsveränderndes Halluzinogen, das
– würde man es einnehmen – den Ausstellungsraum in unseren Körper verlagert und die Wahrnehmung von
Objekten im Raum transformiert: Gegenstände beginnen zu atmen, weich zu werden und sich zu verflüssigen.
Bei der Produktion von PSILAMIN entsteht aus der verbleibenden Biomasse der Algen und Pilze ein
zähfließender Schleim. Dicke Fäden und Schlieren formen sich zu einer transparenten, liquiden Skulptur. Die
psychotrope Wirkung der halluzinogenen Substanz, die feste Gegenstände in der Wahrnehmung zerfließen
lässt, wird als realer Prozess gespiegelt. Das Innen der Psyche und das Außen des polymeren Schleims
beginnen sich zu überlagern.
In Feuersteins Speculative-Fiction STAR JELLY (Sternenrotz), die als Bildergeschichte wie auch als Hörspiel in
der Ausstellung erfahrbar ist, wird Schleim zum Narrativ einer kommenden Gemeinschaft, in der alles
miteinander molekular kommuniziert. Zwischen Utopie und Dystopie erzählt Feuerstein eine Horrorgeschichte
über eine „Schleimzeit“, in der wir uns längst befinden: „Wir sind im Schleim geboren und werden im Tod wieder
zu Schleim. Dazwischen versuchen wir uns trocken zu halten.“
Thomas Feuerstein (*1968) lebt in Wien und studierte Kunstgeschichte und Philosophie an der Universität Innsbruck. Seit
1997 hat er Lehraufträge und Gastprofessuren an verschiedenen Universitäten und Kunsthochschulen. Feuersteins Arbeiten
und Projekte realisieren sich in unterschiedlichen Medien. Sie umfassen Installationen, Environments, Objekte, Zeichnungen,
Malereien, Skulpturen, Fotografien, Videos, Hörspiele und Netzkunst. Wesentliche Aspekte bilden dabei das Zusammenspiel
sprachlicher und visueller Elemente, das Aufspüren latenter Verknüpfungen zwischen Fakten und Fiktionen, sowie die
Verschränkung zwischen Kunst und Wissenschaft.

STAR JELLY. DAIMON CULT
Zitate aus dem Hörspiel Sternenrotz. Daimon Cult von Thomas Feuerstein,
(100 min. / Stimme: Tina Muliar, Komposition: Szely, Produktion: Peter Szely and Ö1 Kunstradio)
Sperma, Blut, Eingeweideflüssigkeiten, Lymphe, Speichel. Der Mensch ist ein Schleimwesen, und weil wir uns
dafür schämen, haben wir Kultur erfunden, um dem Schleim zu entrinnen. Kultur heißt, einen trockenen und
festen Aggregatzustand einzunehmen. Ein verzweifelter Versuch, die Dinge zu stabilisieren, damit sie uns nicht
entgleiten. Gesetze, Museen, Bibliotheken, Archive, Regeln, Moral, Riten sind Konservierungsstrategien.
Kultur ist ein aussichtsloser Kampf gegen Entropie, Verwesung und Verfall. Sind wir krank, spucken wir Schleim.
Quillt Schleim aus unseren Körperöffnungen, fürchten wir, uns aufzulösen. Schleim hat etwas Alarmierendes,
Infektiöses und Epidemisches. Er rinnt aus allen Poren, benetzt unsere Haut und vernetzt uns mit allem, was wir
berühren. Er steckt uns an und macht uns zum Teil seines Systems, indem wir zum Nährboden seiner Existenz
werden. Wir haben Angst vor ihm, weil er uns bewusst macht, dass wir nur ein Schleimpatzen unter anderen
sind. Schleim kennt keine Grenzen, er kriecht, fließt und tropft über alle Hindernisse hinweg.
Es gibt aber keinen Grund für Furcht und Schrecken. Das Fließende verbindet uns Menschen. Wir lösen uns im
Schleim auf und vermengen unsere Zellsäfte. Wäre uns bewusst, dass wir alle ein Plasma, ein einziger
wabernder Biofilm sind, wären alle Kriege vorüber. Schopenhauer schrieb über den Schimmelüberzug der Welt,
der lebende und erkennende Wesen erzeugt hat, und meinte damit einen Schleim wie diesen. (….)
Die Menschen sind ausgetrocknet und brennen wie Zunder. Sie leiden an Burnout und Depression. Sie sind
krank vor Sorge um Gesundheit und Sicherheit. Museen und Kunsthallen verwandeln sich in Spas.
Wellnesskünstler inszenieren Naturlandschaften, Sonnenuntergänge und Bachläufe für denaturierte Großstädter,
die den Bezug zur Welt und zur Natur verloren haben.
Seit der Moderne glaubt die Kunst an Produktion ohne Narration. Aber wenn es nichts mehr zu erzählen gibt,
reißen die Fäden und die Verbindung zur Welt bricht ab. Das Dörren der Menschen hat ihre Mumifizierung zur
Folge. Sie sind saftlos, petrifizieren und werden zu Fossilien. Bevor die Menschheit ausstirbt, konserviert sie
sich. Sie kuratiert ihr Verschwinden im Museum der Posthistorie als Paradies des ewigen Jenseits. Die
Accademia dei Secreti will die Menschen mit Feuchtigkeit versorgen und uns alle protoplastisch zu einer neuen
Gemeinschaft verschmelzen. (….)

Alles kommuniziert molekular: quorum sensum.

Vernissage: Mittwoch, 14. September ab 18 Uhr 

Ausstellungsdaten: Donnerstag, 15. September – Montag, 17. Oktober 2016

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Bildunterschrift: Thomas Feuerstein: PSIPSY DAIMON CULT, 51 x 37 cm (2014)

Ausstellung Thomas Feuerstein – 401 Contemporary – Kunst in Berlin ART at Berlin

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