bis 05.07. | #4681ARTatBerlin | Galerie Nordenhake Berlin präsentiert ab 03. Mai 2025 (Vernissage: 02.05.) die Ausstellung Decoy des Künstlers Spencer Finch.
In seiner sechsten Einzelausstellung in Berlin führt Spencer Finch seine Auseinandersetzung mit der Bedeutung von Farbe, Zeitlichkeit und dem Verhältnis von Wissenschaft und Poesie fort. Decoy vereint neue und zentrale ältere Arbeiten, die durch radikale Reduzierung eine dynamische Bewegung zwischen Abstraktion und präziser Darstellung des Ephemeren schaffen. In den Arbeiten auf Papier, Malerei und einer großen Lichtinstallation für die Fenster der Galerie gelingt es ihm, das Flüchtige und Fließende greifbar zu machen und Perspektiven zu dokumentieren, die sich oftmals unserer Wahrnehmung entziehen.
Finchs Beschäftigung mit Licht und Farbe verweist dabei stets auf die Unmöglichkeit, zu einer einzigen Wahrheit zu gelangen. Die titelgebende Serie leuchtend monochromer Diptychen in Grün, Violett und Orange spielt mit der vielsagenden Ambiguität von Dopplungen, Spiegelungen und Täuschung. Die beiden quadratischen Tafeln zeigen scheinbar jeweils den gleichen Sekundärfarbton, welcher auf beiden Seiten aus je vier Farben gemischt wurde. Für jedes Teil der Diptychen wurden leicht abweichende Farben verwendet, um den gleichen Farbton zu erzielen. Sie sind an den Außenkanten des Quadrats zu sehen und verraten so die Komposition. Was wie zwei gleiche Farbquadrate erscheint, verändert sich subtil je nach Blickwinkel und in Kombination mit den Farben der Seitenkanten. Die marginalen Unterschiede fordern eine verlangsamte Wahrnehmung und bestimmen die Rezeptionsgeschwindigkeit in der gesamten Ausstellung.
Snow (Orion), 2025, archival inkjet print, 77.5 x 77.5 cm, 30 1/2 x 30 1/2 in.
Seine Scent Drawings erzeugen durch sinnlich verflochtene Darstellung eine synästhetische Erfahrung. Auch hier ist ein verlangsamtes Sehen entscheidend, um die Zeichnungen zu erkennen, in denen Finch auf Bilder von Manet, Matisse und Hasegawa Bezug nimmt. Mit einem bestimmten Lichteinfall und Betrachtungswinkel werden zarte Umrisse sicht- und spürbar. Sie erzeugen die Ahnung eines dezenten Dufts und wirken wie Fragmente eines Sinneseindrucks, der kaum noch zu benennen ist. Finch unterstreicht die komplexe Vielschichtigkeit eines wahrgenommenen Moments, um gleichermaßen die Dominanz des Visuellen bei der Entstehung unserer Erinnerungen infrage zu stellen. Er hält in seinen Arbeiten fest, was sich unserer automatisierten Wahrnehmung entzieht. Flüchtige Phänomene – wie die Spiegelung von Emily Dickinsons Garten in einem winzigen Regentropfen auf dem Fensterglas – werden zu poetischen Annäherungen an etwas, zu dem wir nicht mehr zurückkehren können. Er schafft so sinnliche Verbindungen zwischen Vergangenem und dem Jetzt.
Einen vergleichbaren Ansatz verfolgt er mit seiner Arbeit am Fenster der Galerie. Mithilfe von Farbfiltern rekonstruiert er genau das Licht und die Farbe des Sonnenuntergangs, den er aus seinem Atelier in Brooklyn beobachten konnte. Wie dort, richtet sich der Blick auch hier nach Westen. Doch statt eines klaren Ausblicks wird die Sicht versperrt. Es kommt zu einer überlagernden Gleichzeitigkeit von Erinnerung und Gegenwart. Finch gelingt es, diesen Moment auf eine Weise festzuhalten, die über die brüchige Indexikalität einer Fotografie hinausgeht. Das Interesse an der Sichtbarmachung visuell flüchtiger Phänomene findet besonderen Ausdruck in den Fog Studies. Darin widmet er sich der Darstellung von Nebel, um das Naturphänomen festzuhalten und die Beschränkung unseres Sehens greifbar zu machen. Ein Paradox, das es ermöglicht, die daraus resultierende Eröffnung neuer Wahrnehmungsebenen zu reflektieren.
Die Arbeiten der Ausstellung fangen unseren Blick ein, um ihn, ganz wie ein Decoy (dt. Köder, Lockvogel), auf etwas zu lenken, das sich als etwas anderes ausgibt. Ein spielerischer Trick, der unsere Sinne verführt. Finch führt uns vor Augen, dass wissenschaftliche Annäherungen an Phänomene wie Licht, Farbe und Erinnerung unzulänglich sind. Seine ruhige poetische Auseinandersetzung mit diesen schafft eine Form der Erkenntnis, die jenseits des Messbaren liegt. Sie verlangsamt unsere Wahrnehmung, um diese für die Schönheit unserer Umgebung zu schärfen, die sonst unbemerkt an uns vorüberzieht.
Eröffnung: Freitag, 02. Mai, 18 – 21 Uhr
Ausstellungsdaten: Samstag, 03 Mai – Samstag, 05. Juli 2025
Öffnungszeiten Gallery Weekend Berlin:
Samstag, 03. Mai 2025, 11 – 19 Uhr
Sonntag, 04. Mai 2025, 11 – 18 Uhr
Bildunterschrift Titel: Decoy (green), 2025, acrylic on custom birch plywood panels, each 35.56 x 35.56 cm, 14 x 14 in.
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