bis 23.03. | #2361ARTatBerlin | Laura Mars Gallery zeigt ab 16. Februar 2019 die Ausstellung Kann die Schnecke fliegen? des Künstlers Martin Städeli.
Bereits mit dem Titel seiner Ausstellung eröffnet Martin Städeli ein spannungsreiches Bedeutungsfeld. Die Antwort scheint zunächst klar: natürlich können erdverbundene, mühsam vor sich hin kriechende Lebewesen, die noch dazu stets den Ballast ihrer Behausung mit sich führen, nicht fliegen. Dennoch oder trotzdem ist die absurde Fragestellung von einer Art utopischem Schatten begleitet. Ja, warum eigentlich nicht? – könnte man meinen. Was würde passieren, wenn? Die Negation öffnet sich in einen Bereich der Möglichkeiten.
So offensichtlich-hintersinnig wie der Titel ist auch die Strichzeichnung auf der Einladungskarte: an der eindeutig definierten Stereometrie klebt das Weiche und Geschwungene.
Die gebauten, uns offensichtlich umgebenden Verhältnisse treffen auf eine eingerollte, abgekapselte Innenwelt. Zugleich wird ein kritischer Punkt markiert: Die Gefährdung, die aus der Konfrontation mit den Eck- und Endpunkten einer gebauten Welt resultieren kann. Oder geht es nur um Selbstversicherung, um eine neugierige Abmessung der Koordinaten, in die man sich einfügt, einfügen muss?
Martin Städeli, Schnecke1, 2019, Edding on paper, 10 x 15 cm
Mehrdeutigkeit in Form von spezifischen Spannungsverhältnissen bestimmen Martin Städelis künstlerische Arbeit in grundsätzlicher Weise. Seine charakteristischen Formulierungen aus Pappmaché entwickelt der Künstler ab 1994 als bewusste Gegenüber zu der damals von ihm zugleich kultivierten abstrakten Malerei. Der ungegenständlichen zweidimensionalen Existenzform wurde ein organisch-körperlich anmutender ´Naturalismus´ gegenübergestellt.
These und Antithese zugleich kennzeichnen die prekären, herunter gebrochenen Figurationen selbst: sie sind aus dem Flüssigen geformt und verfestigt, wirken aber so hinfällig, dass man um ihre Fortexistenz bangt. Städeli operiert in diesem Zusammenhang mit der Wortschöpfung ´Kompostition´. Bronze wäre als Gestaltungsmaterial völlig abwegig, ebenso wie eine malerische Übertünchung, d.h. Überformung des skulpturalen Materials. Bei Städeli schleicht sich Farbe auf behutsame Weise ein; das Trägermaterial bleibt damit in einem Maße erfahrbar, dass man Textpassagen, die den Zeitungen entstammen, studieren kann.
Dem ephemeren Charakter der Materialsprache entsprechen motivisch die luftigen Lebewesen, die sich im Ausstellungsraum ´niedergelassen´ haben, um im nächsten Moment vermeintlich davonzufliegen. Körperliches, Organisches und Anthropomorphes kann aber auch auf dem Boden, für sich allein stehen, oder gruppenartig in Konstrukte und Präsentations-Behelfskonstruktionen eingefügt sein. Damit erhält die Einzelform, die sich zwischen Substrat und Fragment bewegt, etwas An- und Einbindung. Zudem ist
relevant, dass Städeli stets das Einfachste und Naheliegende gerade recht kommt, um die Komplexität und die Magie der belebt-unbelebten Welt zu beschwören.
Text: Thomas Groetz
Vernissage: Freitag, 15. Februar 2019, um 19 Uhr
Ausstellungsdaten: Samstag, 16. Februar – Samstag, 23. März 2019
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