bis 19.10. | #4450ARTatBerlin | Galerie Esther Schipper zeigt derzeit die Ausstellung When you understand my secret, it becomes a ghost der Künstlerin Hyunsun Jeon.
Esther Schipper zeigt die erste Einzelausstellung der Künstlerin Hyunsun Jeon: When you understand my secret, it becomes a ghost. Zu sehen sind 10 neue Gemälde von Jeon, deren Repräsentation im Februar dieses Jahres angekündigt wurde.
Hyunsun Jeon hat eine ganz eigene Ikonografie entwickelt, die figurative Elemente wie Bäume, Früchte und Alltagsgegenstände mit abstrakten Formen, Farbflächen und – seit 2014 zunehmend – mit klassischen geometrischen Figuren kombiniert. Jeons Formen unterliegen einem ständigen Wechsel zwischen verschiedenen Dimensionen und Assoziationen – ein Kegel zum Beispiel kann als Dreieck erscheinen, mit Farbverläufen dargestellt werden, um Tiefe zu suggerieren, oder in Form von Vulkanen, Bergen oder Hüten auftauchen. Jeons Projekt hat eine allumfassende, sogar weltbildende Qualität: Indem sie unterschiedliche Stile als Motive zitiert, kann ein Werk gleichzeitig malerische Passagen, pointillistische Partien oder simulierte Pinselstriche sowie Motive enthalten, die die lineare Qualität digitaler Renderings oder von Pixelierungen haben.
In einer losen Anordnung über drei Wänden installiert, lässt Jeons Konfiguration die Gemälde scheinbar durch den Raum gleiten. In Anlehnung an die Überschneidungen und Überlagerungen von Motiven in den Gemälden selbst werden die leeren Bereiche zwischen den Werken als eine Art virtueller Raum aktiviert, ein Effekt, der an Fenster auf einem Computerbildschirm oder an die Überlagerung von Trompe-l‘oeil-Stillleben erinnert, die man auf traditionellen Paravents in Ostasien findet.
Exhibition view: Hyunsun Jeon, When you understand my secret, it becomes a ghost, Esther Schipper, Berlin, 2024, Courtesy the artist and Esther Schipper, Berlin/Paris/Seoul, Photo © Andrea Rossetti
Während Jeon in einem Medium arbeitet, das traditionell die Illusion eines dreidimensionalen Raums auf einer zweidimensionalen Oberfläche erzeugt, zelebriert sie in ihrem Werk die Flachheit. Ihr bevorzugtes Material, die Aquarellfarbe, erreicht Sättigung und Flachheit, wobei die Farbschicht relativ dünn bleibt. Manchmal durchbrochen von Öffnungen, die den Blick „ hinein “ in das Gemälde freigeben, oder von sich überlagernden Fragmenten, findet Jeon Wege, die Betrachtenden immer wieder an die Flächigkeit der Leinwand zu erinnern, an das Schauen auf eine ebene Oberfläche und an die eigentliche Dünne der Farbe, welche die Illusion von Tiefe erzeugt.
Ursprünglich von den Mechanismen des Geschichtenerzählens in Sagen, Mythologie und Religion angeregt, suchte Jeon nach einer für die Malerei spezifischen Narration. Inspiriert von der Szenerie, die die religiösen Figuren auf Altarbildern umgibt, entwirft Jeon eine Welt, in der die Hauptfiguren – Heilige und Frevler – fehlen. Stattdessen wird sie von Formen, Pinselstrichen und Farben bestimmt, die in einem ständigen Strudel des Werdens gefangen sind. Doch während Jeons kunsthistorische Bezüge zu mittelalterlichen Altarbildern in der kompositorischen Struktur sichtbar bleiben, ist ihre Ästhetik im Jetzt verankert. Die Künstlerin integriert bewusst Aspekte der digitalen Welt, insbesondere die Vertrautheit ihrer Generation mit frühen Videospielen und ihre visuelle Sozialisierung durch diese. Für Jeon ist ihre Kunst eine Übersetzung von Eigenschaften, die sie mit dem Digitalen assoziiert, wie beispielsweise Klarheit, Schärfe, Geschmeidigkeit, Glätte oder Oberflächlichkeit, in eine analoge Form.
Die Ernsthaftigkeit, mit der Jeon darüber nachdenkt, was es bedeutet, etwas zu betrachten, erklärt ihre Vorliebe für das Werk von Paul Cézanne. Die Bemerkung des französischen Malers an seinen jüngeren Freund Emile Bernard, „die Natur mit Hilfe des Zylinders, der Kugel und des Kegels zu erfassen“, hat bei Jeon einen tiefen Eindruck hinterlassen und bestimmt bis heute ihre künstlerische Haltung. Jeons Bilder erzählen keine Geschichten oder schildern Situationen, aber indem sie uns jede Form, jede Fläche und jedes Motiv hinterfragen lassen, vermitteln sie die Ungewissheit unseres Daseins.
Exhibition view: Hyunsun Jeon, When you understand my secret, it becomes a ghost, Esther Schipper, Berlin, 2024, Courtesy the artist and Esther Schipper, Berlin/Paris/Seoul, Photo © Andrea Rossetti
Hyunsun Jeon wurde 1989 in Seoul geboren. Sie erhielt ihren BFA und MFA in Malerei von der Ewha Womans University in den Jahren 2014 und 2018. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Seoul.
Jeon wurde ausgezeichnet und ausgewählt für den 20th Song Eun Art Award, Song Eun Art and Cultural Foundation (2020), Chong Kun Dang Fine Arts Prize (2017), ARKO Artist Curator Workshop (2015), 37th JoongAng Fine Art Prize, JoongAng Ilbo (2015), 99°C Promising Art Support Program, Seoul Foundation for Arts and Culture (2014), Sangsangmadang Membership Card Artwork Proposal: Art in Your Pocket, KT&G (2013), und Seoul Digital University Art Prize (2013).
Zu den Ausstellungen der Künstlerin gehören: Dui Jip Ki, Esther Schipper Berlin and Seoul (2023), THIS TOO, IS A MAP, 12th Seoul Mediacity Biennale, Seoul Museum of Art, Seoul (2023); The Moments We Encounter, Suwon Ipark Museum of Art, Suwon (2022); ART SPECTRUM 2022, Leeum Samsung Museum of Art, Seoul (2022); Meet Me in the Middle, Gallery2, Seoul (2022); Hay in a Needle Stack, Korean Cultural Center in Hong Kong, Hong Kong (2021); The 20th Song Eun Art Award Exhibition, Song Eun Art Space, Seoul (2020); Hotel Express, Culture Station Seoul 284, Seoul (2020); The adventures of Korean painting: I will go away all by myself, National Museum of Modern and Contemporary Art, Cheongju (2019); 6th Chong Kun Dang Fine Arts Prize Exhibition, Sejong Center, Seoul (2019); Red Green Corners, P21, Seoul (2019); BOTANICA, Busan Museum of Art, Busan (2018); Parallel Paths, Alternative Space LOOP, Seoul (2018); Of Nature, Suwon Ipark Museum of Art, Suwon (2018); Forests and Swamps, Weekend, Seoul (2017); The Cone and Conversations, Place MAK, Seoul (2015); und die 37th Joongang Fine art Prize Exhibition, Hangaram Design Museum, Seoul (2015).
Die Arbeiten der Künstlerin befinden sich unter anderem in folgenden Sammlungen: National Museum of Modern and Contemporary Art, Seoul; Seoul Museum of Art, Seoul; Gyeonggi Museum of Modern Art, Ansan; Suwon Ipark Museum of Art, Suwon
Ausstellungsdaten: Freitag, 13. September bis Samstag, 19. Oktober 2024
Zur Galerie
Bildunterschrift Titel: Exhibition view: Hyunsun Jeon, When you understand my secret, it becomes a ghost, Esther Schipper, Berlin, 2024, Courtesy the artist and Esther Schipper, Berlin/Paris/Seoul, Photo © Andrea Rossetti
Ausstellung Hyunsun Jeon – Esther Schipper | Zeitgenössische Kunst in Berlin | Contemporary Art | Ausstellungen Berlin Galerien | ART at Berlin