post-title Felix Kiessling | Echzeit | alexander levy | 03.03.-08.04.2023

Felix Kiessling | Echzeit | alexander levy | 03.03.-08.04.2023

Felix Kiessling | Echzeit | alexander levy | 03.03.-08.04.2023

Felix Kiessling | Echzeit | alexander levy | 03.03.-08.04.2023

bis 08.04. | #3825ARTatBerlin | alexander levy präsentiert seit 3. März 2023 die Ausstellung Echzeit des Künstlers Felix Kiessling.

Der Schwindel ist eine Weise, sich in der Welt zu orientieren, sie zu erkennen, indem man taumelnd an die Grenzen des eigenen Körpergefühls stößt. Im Schwindel transzendiert die Linearität des Raumes, Proportionen zerrinnen und eine rauschhafte Auflösung des Selbst setzt ein. Was passiert hier, jetzt, mit mir, mit uns, mit der Welt?

Für die Ausstellung Echtzeit erschafft Felix Kiessling einen Raum, in dem die Dinge keinen vollständigen Sinn ergeben – einen Raum, den wir nicht verstehen, der unsere Vorstellungskraft übersteigt. Erst im Kontrollverlust, erst durch das Einlassen, das Loslassen, das Fallen-Lassen haben wir die Möglichkeit, den Blick für einen flüchtigen Moment auf die Zusammenhänge der objektiven Wirklichkeit zu richten.

In seinen phänomenologischen Arbeiten übersetzt Kiessling physikalische und kosmologische Kräfte, die für uns nicht erfahrbar, aber dennoch untrennbare Bedingung des irdischen Lebens sind, in kinetische Skulpturen. Bewegliche Elemente sorgen für einen besonderen optischen oder akustischen Reiz. Die Arbeit Seismisches Schlagzeug trommelt mit an einem Ende zu Drumsticks freigeschnitzten Eichenästen seismische Echtzeit–Daten gegen die Wände. Motorisiert von Schrittmotoren und gekoppelt an eine seismische Karte des Erdinneren geben die Drumsticks den Takt der Welt wieder. Die durch unsere Konsumgesellschaft ausgebeutete Natur wird von Kiessling zurück in seine Ursprungsform versetzt, indem das menschlich Erschaffene mit der natürlichen Vorlage zusammengeführt wird.

Ein selbstspielender Kontrabass wird in der Arbeit Schuhmann KB zum Hohlraumresonator der Welt. In Echtzeit stimmen die Saiten raunend und wie von Geisterhand bewegt die Schumann-Niederfrequenz an. Das Phänomen bezeichnet die Resonanz einer elektromagnetischen Welle der Erdoberfläche, die außerhalb des für die menschlichen Sinne wahrnehmbaren Spektrums liegt. Kiessling übersetzt die Töne in unsere Hörfrequenz und macht sie unserem Vorstellungsvermögen in Echtzeit zugänglich. So treten wir in Kontakt mit den physikalischen Gesetzen, die unsere Existenz bedingen. Das Raunen sind wir, wir hören uns.

Die Arbeit Schmetterling (Kraftrad) übersetzt die elektrostatische Spannung globaler Blitzeinschläge in Echtzeit: Jedes Mal, wenn irgendwo auf der Welt ein Blitz auf die Erdoberfläche trifft, flackern die Rücklichter. Die Absenz der Subjekte in den drei Arbeiten treibt die Funktionalität der Objekte ins Absurde – eine dystopische Welt der Dinge, die untrennbar verbunden ist mit natürlichen Phänomenen und Naturgesetzen.

Das Raunen, Flackern und Klopfen der Welt verblasst, im Dunkeln erscheint eine Bar. Wir gelangen zur Gegenständlichkeit der alltäglichen Sphäre, doch die Bar ist verlassen. Da ist wieder das Gefühl eines abrupten Aufbruchs, einer postapokalyptischen Zeug*innenschaft, ohne dass man weiß, ohne dass man erkennen kann, was an diesem Ort zuvor geschehen ist. Wir verstehen, aber eigentlich verstehen wir nicht. Ein sozialer Moment ohne Sozialität. Die Bar lädt die Betrachtenden ein, näher zu kommen und in Kontakt zu treten für einen Augenblick.

Felix Kiessling kreiert Echtzeit-Begegnungen mit einem flüchtigen Jetzt, das im nächsten Moment der Vergangenheit angehört. Die Entfremdung zwischen Urbanität und Naturgewalt, die Rationalität des Konsums lösen sich in seinen Werken für einem Augenblick auf. Die räumlichen und zeitlichen Dimensionen der Installationen übersteigen unsere Vorstellungskraft, sodass wir für einen kurzen Moment das kognitive Gleichgewicht verlieren. Auch der Künstler hat sich dem Kontrollverlust verschrieben. Es bleibt ein Bauchgefühl, aber die Auflösung ist offen.

Vernissage: Freitag, 3. März 2023, 18:00 – 21:00 Uhr

Ausstellungsdaten: Freitag, 3. März bis Samstag, 8. April 2023

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Titelbild: Felix Kiessling, Echtzeit, Foto : Marcus Schneider

Ausstellung Felix Kiessling – Galerie alexander levy | Contemporary Art – Zeitgenössische Kunst in Berlin – Ausstellungen Berlin Galerien – ART at Berlin

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