post-title Clemens Krauss | 100 Cuts | Crone Berlin | 27.04.-15.06.2019

Clemens Krauss | 100 Cuts | Crone Berlin | 27.04.-15.06.2019

Clemens Krauss | 100 Cuts | Crone Berlin | 27.04.-15.06.2019

Clemens Krauss | 100 Cuts | Crone Berlin | 27.04.-15.06.2019

bis 15.06. | #2452ARTatBerlin | Crone Berlin zeigt aktuell die Ausstellung 100 Cuts des deutsch-österreichischen Künstlers Clemens Krauss.

Gezeigt werden hundert gleichformatige Ölgemälde, die in dem für Krauss typischen pastosen Farbauftrag gemalt sind und „Close ups“ männlicher und weiblicher Geschlechtsteile zeigen.

Mit dem Projekt „100 Cuts“ problematisiert Krauss, der in seiner Kunst oftmals auf politische, kulturelle und soziale Zusammenhänge verweist, ein ebenso sensibles wie tabuisiertes Thema: Den Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Menschen aus religiös-rituellen Motiven. Er zeigt auf seinen Bildern nicht mehr und nicht weniger als die meist an Minderjährigen durchgeführte, operative Entfernung von Teilen des Geschlechtsorgans, also die Beschneidung des Penis oder die zumeist folgenreichere und zurecht als Genitalverstümmelung bezeichneten Eingriffe am weiblichen Geschlecht.

Das englische „Cut“ steht hier also für zwei Bedeutungen: Einerseits für den Ausschnitt, andererseits für den Einschnitt. Der nahegehende „Ausschnitt“ erzeugt einen eindringlichen Blick auf das Intime des menschlichen Körpers. Der jeweilige „Einschnitt“ bleibt in vielen der Arbeiten hingegen unklar. Entscheidend ist allerdings, dass es nicht nur um einen körperlichen „Schnitt“ geht, sondern darüber hinaus um eine Beschneidung des Rechts auf freie Selbstbestimmung. Neben den irreversiblen, oft lebensgefährlichen Verletzungen tragen die Betroffenen in vielen Fällen auch psychische Narben davon.

Die Eingriffe werden meist mit dem Verweis auf kulturelle Identität, Tradition oder religiöse Bräuche gerechtfertigt. Dahinter verbergen sich jedoch in aller Regel sexualisierte und ritualisierte Mechanismen von Macht und Unterwerfung. Häufig bezwecken sie die Aufrechterhaltung patriarchaler Strukturen.

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Clemens Krauss – 100 Cuts

Obwohl FGM (Female Genital Mutilation bzw. weibliche Genitalverstümmelung) mittlerweile in fast allen Ländern der Welt als Straftat gilt, wird sie seit einigen Jahren wieder vermehrt praktiziert. Man geht davon aus, dass derzeit rund 200 Millionen Frauen von Genitalverstümmelung betroffen sind. Auch in Deutschland und Europa steigt die Zahl minderjähriger Frauen, deren Genitalien beschnitten, verstümmelt oder sogar zugenäht werden, infolge der Migration stetig an, ohne dass die Öffentlichkeit sich dagegen wendet oder auch nur Notiz davon nimmt. Der Eingriff am männlichen Geschlecht darf durch gesetzliche Ausnahmeregelungen bis heute fast überall auf der Welt straffrei durchgeführt werden, auch in Europa und den USA.

Auch wenn die Beschneidung des männlichen Glieds in der Regel nicht so drastische Folgen hat wie die weibliche Genitalverstümmelung, stellt sie nach geltender Rechtslage eigentlich eine Körperverletzung dar, wird aber aus religiöser und traditioneller Motivation nicht bestraft. Nach unserem aufklärerischen Grundverständnis und den europäischen Grundrechten verstoßen Genitalverstümmelung und Genitalbeschneidung gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung. Darüber hinaus verletzen sie elementare Kinderrechte.

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Clemens Krauss – 100 Cuts

Trotzdem wird das Thema tabuisiert. Zu sensibel scheint die betroffene Körperregion zu sein, zu heikel der Umgang mit religiösen und kulturellen Gepflogenheiten. Clemens Krauss bricht nun auf künstlerische Art und Weise mit diesem Tabu. Er greift auf drastische malerische Mittel zurück und nutzt das evokative Potential der Kunst, um auf die Brisanz der Problematik aufmerksam zu machen. Er lenkt unseren Blick im wahrsten Sinne des Wortes auf einen Bereich, den wir bei aller Aufgeklärtheit verdrängen. Sein pastoser Farbauftrag, der beinahe schon selbst zu Fleisch wird, verbirgt und enthüllt zugleich. Oft lassen sich Konturen und Umrisse erst bei genauerer Betrachtung ausmachen. Diese Malweise bewirkt zweierlei: Zum einen erschwert sie eine eindeutige Identifikation des jeweiligen Geschlechtsteiles als weiblich oder männlich. In Krauss‘ umfassender Serie zeigt sich so eine besondere Pluralität und Vielfalt, die die vermeintlichen Grenzen der Norm auflöst.

Zum anderen erzeugt das Mittel der Unschärfe eine fast schon bedrohlich wirkende Spannung. Ähnlich der Malerei Gerhard Richters, der fotografische Abbildungen im Medium der Ölmalerei verfremdet, lösen auch Krauss‘ Werke Unbehagen aus. Während Richter aber auf tiefgreifende Momente der deutschen Geschichte wie die Schrecken des Nationalsozialismus verweist, thematisiert Krauss ein aktuelles Thema von besonderer gesellschaftlicher Brisanz. Es geht dabei weniger um eine Kritik an religiösen Traditionen, als um die Verletzlichkeit einer sensiblen, sehr persönlichen Körperregion. Vor allem aber geht es um die freie Selbstbestimmung, über seinen Körper zu verfügen.

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Clemens Krauss – 100 Cuts – Ausstellungsansicht

Clemens Krauss wurde 1981 in Graz, Österreich, geboren und lebt seit 2007 in Berlin. Er kann bereits auf eine beachtliche Anzahl institutioneller Ausstellungen zurückblicken, unter anderem in China, Japan, Brasilien, Spanien, Frankreich, Australien, Großbritannien und den USA. In diesem Jahr nimmt er an der Havanna Biennale in Kuba und der Internationale Biennale Curitiba in Brasilien teil.

Vernissage: Freitag, 26. April 2019, 19:00 bis 21:00 Uhr

Ausstellungsdaten: Samstag, 27. April bis Samstag, 15. Juni 2019

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Bildunterschrift: Courtesy of Crone Berlin – Clemens Krauss

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