bis 28.01. | #3710ARTatBerlin | Galerie kajetan Berlin präsentiert ab 25. November 2022 die Ausstellung Extended der Künstlerin Birte Horn und die Ausstellung Contained der Künstlerin Gisela von Bruchhausen.
Extended (Ausgedehnt) und Contained ([in sich] geschlossen): Schon beim Betreten des Galerieraums mit dem Titel im Hinterkopf werden wir neugierig auf den Inhalt dieser Ausstellung. Der Titel lässt schon erahnen, was uns erwartet: voluminöse Ausdehnung, disziplinierte Dichte oder widersprüchliche Gegensätze?
Courtesy the artists & Galerie kajetan, Foto: Marcus Schneider
In dieser Schau treffen sich zwei Künstlerinnen in ihrem bildnerischen Wirken mit reduzierten Mitteln. So unterschiedlich sie auch in der Handhabung ihrer jeweiligen Materialien sind, ihr visuelles Vokabular besteht aus feinen Linien und dem Wechselspiel von Licht und Raum. Dies wird durch die Tatsache ermöglicht, dass beide die Eigenschaften und Merkmale ihrer jeweiligen Materialität nutzen, durch die ihre Werke ihre stark individuelle Präsenz entfalten.
Von links nach rechts: Birte Horn, standout_blau, Öl auf Leinwand, 2022, 100 x 100 x 4 cm; Birte Horn, cutedge_gelb, cutedge_braun,
jeweils: Siebdruck auf Karton, 2022, Unikate, 100 x 80 x 4 cm,Ausstellungsansicht Galerie kajetan 2022 / 23,
Courtesy the artist & Galerie kajetan, Foto: Marcus Schneider
Im ersten Raum tauchen wir in die skulpturale Welt von Gisela von Bruchhausen ein, deren Werke in der präsentierten Zusammenstellung fast zwei Jahrzehnte umfassen. Ihre Arbeiten sind geometrisch angelegte Wandinstallationen, die Eigenschaften des Raumes, in dem sie sich befinden, aufgreifen. Gisela von Bruchhausens Kompositionen existieren in sich modular, aber auch als Ganzes; das Spiel mit Linien, Kurven, dem natürlichen Lichteinfall und den Eigenschaften des Stahls verleiht den Arbeiten geradezu in einer beredten Freiheit ihre jeweilige Geschlossenheit. In einer modernen, skulpturalen Interpretation des Helldunkels lotet von Bruchhausen die Grenzen von Schwarz-Weiß aus, um ein stimmiges, zwischen Zwei- und Dreidimensionalität oszillierendes Ergebnis zu erzielen (Schatten II und Staccato III).
Links: Gisela von Bruchhausen, SEXTETT (Wandarbeit 6-teilig), Stahl, verzinkt, bemalt, 2019, 181,6 x 132 x 25,5 cm;
Rechts: Birte Horn, cutedge_rot, Siebdruck auf Karton, 2022, Unikat, 100 x 80 x 4 cm,
Ausstellungsansicht Galerie kajetan 2022 / 23, Courtesy the artists & Galerie kajetan, Foto: Marcus Schneider
Trotz der augenscheinlichen Kompartimentierung in Gisela von Bruchhausens Arbeiten ist Verbindung das Wort, das den Zugang zu ihrem Œuvre eröffnet. Das Beobachten des Verhaltens des Stahls, seine Schmiedefähigkeiten und die Spannungen, die sich beim Versuch, verschiedene Teile miteinander zu verbinden, aufbauen, ist der Schlüssel zur erreichten Synthese und Geschlossenheit in Gisela von Bruchhausens Werken. So fügen sich die Teile zu einem Ganzen zusammen, und dieses Ganze ist nur dann vollständig, wenn sich Licht und Material, negativer Raum und Körper miteinander verbinden. Indem Gisela von Bruchhausen ihrem Konzept der „strukturellen Komplementarität“ treu bleibt, schafft sie die Voraussetzungen für eine abwechselnde Synergie von Farbe und Form, Spannung und Gelassenheit. In diesem Sinn werden bspw. in Ohne Mitte II oder Staccato III Außen und Innen zu Werken verschmolzen, bei der jeder Blick, jede Perspektive eine neue räumliche Wahrnehmung zur Geltung bringt.
Birte Horn – Extended | Gisela von Bruchhausen – Contained, Ausstellungsansicht Galerie kajetan 2022 / 23,
Courtesy the artists & Galerie kajetan, Foto: Marcus Schneider
Der zweite Galerieraum zeigt Arbeiten von Birte Horn aus den letzten vier Jahren. Birte Horns Faszination für das Binäre von Raum und Nicht-Raum, Oberfläche und Textur zeigt sich in der Art und Weise, wie sie Übergänge und verschiedene Techniken nutzt, um Wandinstallationen zu schaffen. Ihre Arbeiten scheinen sich endlos ausdehnen zu können, doch die Künstlerin verzichtet bewusst auf unnötige Ergänzungen und legt ihren Fokus auf die Praxis des Schneidens, Malens, Klebens und Nähens. Birte Horns Arbeiten verwenden oft zum Teil übersehene Materialien (wie Schachtel) als Ausgangspunkte, die sich zu komplexen skulpturalen, reliefartigen Farbstücken entwickeln. Horn stellt gerne die Idee der Funktionalität eines Objekts in Frage, indem sie es aus seinen ursprünglichen Eigenschaften herauslöst und in verschiedene Kontexte stellt.
Kann eine Oberfläche jemals vollständig sein? Inwieweit können wir behaupten, dass ein Bild eine eigene Realität ist? Die Cutedge-Serie spielt zweifellos mit diesen Fragen und der Idee einer vermeintlichen „Vollständigkeit“: Schicht um Schicht beginnen die Kartonstücke Tiefe und Textur zu erhalten, fast so, als würden sie an verschlossene Türen oder versiegelte Fenster erinnern, die etwas bergen, auf was sie zugleich hinweisen. Birte Horns Arbeiten, bspw. auch ihre großformatigeren Gemälde, bewegen sich zwischen negativem und positivem Raum, kompakten Oberflächen und der Leere als Teil des Bildes, der Wand und Welt eines möglichen Allover.
In den Werken von Gisela von Bruchhausen und Birte Horn wird ein geschlossenes Gesamt sowohl in physischer Verdichtung als auch Ausdehnung fassbar und begreiflich.
Text von Vanessa Souli
Eröffnungsempfang: Freitag, 25. November 2022, 18:00 bis 21:00 Uhr
Sonderöffnungszeiten: Samstag, 26. November 2022, 11-19 Uhr, Galerienrundgang Charlottenwalk
Ausstellungsdaten: Freitag, 25. November bis Samstag, 28. Januar 2023
Zur Galerie
Bildunterschrift: Gisela von Bruchhausen, STACCATO III, 2005 ( Wandarbeit) Stahl, verzinkt, bermalt, 130 x 110 x 28,5 cm, Foto Jörg von Bruchhausen
Ausstellung Birte Horn + Gisela von Bruchhausen – Galerie kajetan Berlin | Zeitgenössische Kunst – Contemporary Art – Ausstellungen Berlin Galerien | ART at Berlin