bis 13.04. | #4197ARTatBerlin | Galerie Max Hetzler (Bleibtreustraße) zeigt ab 07. März 2024 die Ausstellung Sculpture is always going on des Künstlers Barry Flanagan.
Barry Flanagan, einer der bedeutendsten und erfindungsreichsten Bildhauer Großbritanniens, arbeitete in seiner fünf Jahrzehnte umspannenden Schaffenszeit in einer Vielzahl von Medien. Ohne eine Hierarchie festzulegen, untersuchte er diese auf Eigenschaften, Beschaffenheit und Beweglichkeit. Von Industriesand, Seil, Stoff, Gips und Stein bis hin zu schwer fassbaren Elementen wie Tageslicht, Mondlicht, Klängen und Gerüchen machte Flanagan sich alle Materialien wegen ihres Potenzials, sie zu bildhauerischen Formen werden zulassen zu eigen. Diese neuartige Herangehensweise ermöglichte eine radikale Veränderung des Verständnisses von Skulptur. Nachdem der Künstler sich in den 1960er und 1970er Jahren mit dem Minimalismus beschäftigt hatte, wandte er sich ab 1979 der Figuration zu. In dieser Zeit schuf er seine biomorphen Bronzeskulpturen, die oft auf Tiere, menschliche Figuren oder mythologische Wesen anspielen und zu seinen bekanntesten Werken zählen.
Die aktuelle Ausstellung umfasst neben Flanagans konzeptuellen Arbeiten, Linolschnitten und einer Filmarbeit, die alle größtenteils in den 1960er und 1970er Jahren entstanden, auch Audio- und Bildaufnahmen der Performance Mantra of the Awoken Powers von 1998 sowie seine späteren Bronzearbeiten. Ein beständiges Element ist der poetische, mystische Bezug zur Natur. Darüberhinaus ist das Offenlegen von Prozessen und Methoden ein zentrales Thema in Flanagans Œuvre: „Mein Werk dreht sich nicht um Erfahrung. Sein Schaffen an sich ist die Erfahrung”, erklärte er. „Die Bildhauerei ist wirklich immer im Gange. Unter den richtigen physischen Umständen und mit visueller Aufforderung beteiligt man sich einfach und erschafft das Werk.” 1 Flanagan erlaubt den Materialien dabei, ihre eigene skulpturale Form zu finden.
In der Arbeit 2 space rope sculpture (gr 2sp 60) 6 ’67, 1967, windet sich ein von Flanagan eigenhändig gefärbtes, schweres Seil organisch über den Boden zweier Ausstellungsräume in der Bleibtreustraße 45. Mit zeichnerischer Leichtigkeit und einem fließenden, autonomen Charakter, der typisch für Flanagans Skulpturen ist, reflektiert dieses Videoarbeit the works von 1969 ist der Entstehungsprozess eines ‘Sandgusses’ wie des hier ausgestellten Werks sand pour, 1968 zu sehen. Der Sand verbleibt in einer scheinbar soliden Form, die tatsächlich aber höchst fragil ist. Dieser Gegensatz von Gewicht und Volumen, Dynamik und Statik findet sich auch in den späteren Bronzearbeiten, wie beispielsweise Dragon I, 2002, bei der das feste Metall – feingliedrig und grazil verschlungen – fast zerbrechlich erscheint.
Flanagan widmete sich ab den späten 1970er Jahren der Darstellung verschiedenster Tiere als Bronzeskulpturen. Der Hase, mit seinem mythologischen Wesen und seiner Symbolik für Unberechenbarkeit, Wiederauferstehung und Erneuerung fügte sich besonders gut in Flangans Gesamtwerk. Boxend, wie in Large Boxing Hare on Anvil, 1984 oder tanzend, wie in Left and Right Handed Nijinski on Anvil Point, 1999, ist das Tier von einem dynamischen, oft skurrilen Charakter geprägt. In Thinker on Computer, 1996, sitzt ein Hase in Anspielung auf Auguste Rodins Le Penseur, 1904, nachdenklich auf einem Computer und macht den menschenähnlichen Charakter der Tiere deutlich. Flanagans Werk verbindet gekonnt das Fantastische mit dem Alltäglichen und vermittelt so zwischen der spirituellen und der menschlichen Welt.
Barry Flanagan (1941–2009) wurde in Prestatyn, Nordwales, geboren. Der Künstler lebte und arbeitete in London und Dublin und starb in Santa Eulalia del Río, Ibiza, Spanien. Flanagans Arbeiten wurden international in Institutionen und öffentlichen Räumen ausgestellt, darunter Knokke-Heist (2022); Ikon Gallery, Birmingham (2019); Kröller-Müller Museum, Otterlo (2018); Tate Britain (2016 und 2011); Chatsworth House, Derbyshire (2012); Vero Beach Museum of Art, Florida (2008); Kunstraum Deutsche Bank Salzburg (2007); Irish Museum of Modern Art, Dublin, und Dublin City Gallery The Hugh Lane (2006); S.M.A.K. (2005); Kunsthalle Recklinghausen; Musée d’art Moderne et d’art Contemporain, Nizza (beide 2002); Tate Liverpool (2000); Grant Park, Chicago (1996); 54th to 59th Street, New York; University of Iowa Museum of Art (beide 1995); Musée des Beaux-Arts de Nantes (1993); Yorkshire Sculpture Park, Wakefield (1992); Tate, London (1986); Centre Georges Pompidou, Paris (1983); Whitechapel Art Gallery, London (1982); Institute of Contemporary Arts, London (1981); Van Abbemuseum, Eindhoven; Serpentine Gallery, London (beide 1977); und The Museum of Modern Art, New York (1974). Der Künstler vertrat Großbritannien auf der Biennale in Venedig 1982.
Flanagans Werke befinden sich unter anderem in den Sammlungen des Art Institute of Chicago; Centre Pompidou, Paris; Hirshhorn Museum and Sculpture Garden, Washington D.C.; Irish Museum of Modern Art, Dublin; Kunsthaus Zürich; The Museum of Modern Art, New York; National Gallery of Victoria, Melbourne; National Museum Cardiff, National Museums and Galleries of Wales; Peggy Guggenheim Collection, Venedig; San Francisco Museum of Modern Art; Scottish National Gallery of Modern Art, Edinburgh; Solomon R. Guggenheim Museum, New York; Staatsgalerie Stuttgart; Stedelijk Museum Voor Actuele Kunst, Amsterdam; Tate, London; Tokyo Metropolitan Art Museum; Van Abbemuseum, Eindhoven; Victoria & Albert Museum, London; und Walker Art Center, Minneapolis.
Location: Bleibtreustraße 45 & 15/16, 10623
Vernissage: Donnerstag, 7. März 2024, 18 – 20 Uhr
Ausstellungsdaten: Donnerstag, 7. März – Samstag, 13. April 2024
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Bildunterschrift Titelbild: 2 space rope sculpture (gr 2sp 60) 6’67, 1967, Barry Flanagan. © The estate of Barry Flanagan, courtesy of Plubronze Ltd. Photo: Tate.
Ausstellung Barry Flanagan – Galerie Max Hetzler | Contemporary Art – Zeitgenössische Kunst in Berlin – Ausstellungen Berlin Galerien – ART at Berlin