post-title Marta Górnicka | Multitude | EBENSPERGER BERLIN + LUXOOM LAB | 12.09.–08.11.2020

Marta Górnicka | Multitude | EBENSPERGER BERLIN + LUXOOM LAB | 12.09.–08.11.2020

Marta Górnicka | Multitude | EBENSPERGER BERLIN + LUXOOM LAB | 12.09.–08.11.2020

Marta Górnicka | Multitude | EBENSPERGER BERLIN + LUXOOM LAB | 12.09.–08.11.2020

bis 08.11. | #2836ARTatBerlin | EBENSPERGER BERLIN & LUXOOM LAB zeigt ab 12. September 2020 die Ausstellung „Multitude“ der Künstlerin Marta Górnicka.

Die Ausstellung „Multitude“ in der Galerie Ebensperger Berlin, in Zusammenarbeit mit Luxoom Lab entstanden, ist die erste monografische Ausstellung der Theaterregisseurin und Chor-Erneuerin Marta Górnicka. Gezeigt werden Film-/Klanginstallationen einiger ihrer wichtigsten Arbeiten: HYMNE AN DIE LIEBE, GRUNDGESETZ, REQUIEMACHINE, MAGNIFICAT, M(OTHER) COURAGE, KONSTITUTION FÜR DEN CHOR DER POLEN.

Marta Górnicka ist im deutschsprachigen Raum längst keine Unbekannte mehr, da sie seit Jahren regelmäßig mit deutschen Theatern zusammenarbeitet, zur Zeit als Hausautorin und -regisseurin des Berliner Maxim Gorki Theater, wo sie das soziale Theaterlabor POLITICAL VOICE INSTITUTE gegründet hat. Für die Produktion M(OTHER) COURAGE, die 2015 am Staatstheater Braunschweig zu sehen war, wurde Górnicka für den renommierten Theaterpreis Der Faust nominiert. Ihre Arbeiten wurden im Rahmen zahlreicher Gruppenausstellungen gezeigt, u. a. 2017/2018 auf der 7. Moskauer Biennale für zeitgenössische Kunst, 2017 in der Ausstellung „Spätes Polnischsein“ im Zentrum für zeitgenössische Kunst in Warschau, 2017 auf dem 3. Berliner Herbstsalon und 2018 auf der Biennale Tallinn Art Hall. Górnickas Chorstück JEDEM DAS SEINE, das sie an den Münchner Kammerspielen produzierte, eröffnete 2019 den 4. Berliner Herbstsalon.

„Multitude“, der Titel der Ausstellung, nimmt Bezug auf das kollektive Subjekt, mit dem Marta Górnicka arbeitet und verweist auf die radikale politische Dimension ihrer künstlerischen Experimente. Der CHOR, der einzige Protagonist ihrer Stücke, dient immer als Instrument, um moderne Mechanismen der Kontrolle, der Ausgrenzung und der Gewalt kritisch zu beleuchten, zugleich aber auch als Vehikel der Gemeinschaft. Er besteht aus einer nicht reduzierbaren Vielfalt einzelner Existenzen, von denen jede gleichermaßen das Recht hat, an dem teilzunehmen, was allen gemein ist: an der gemeinsamen Stimme und dem gemeinsamen Atem.

ART at Berlin - Courtesy of Maxim Gorki Theater - Marta Gornicka - Jedem das Seine - 2018 - Foto - David Baltzer© Marta Górnicka; Jedem das Seine (production still); premiered 2018 at Münchner Kammerspiele; photograph: David Baltzer, courtesy Maxim Gorki Theater

Das Politische des CHORS hat jedoch immer auch eine sehr konkrete Dimension. Von Anfang an setzt sich Marta Górnicka in ihren Arbeiten mit brennenden gesellschaftlichen Problemen auseinander. Ihre erste Theatergruppe, der 2010 in Warschau gegründete CHOR DER FRAUEN, gab den Frauen eine Stimme, die in Polen nach der postkommunistischen Systemtransformation seitens eines konservativen Bündnisses aus Regierung und katholischer Kirche wachsendem Druck ausgesetzt waren. Im slowakischen Košice arbeitete Górnicka mit Angehörigen der stigmatisierten Roma-Gemeinschaft. In Israel begann sie an ihrer von Brechts „Mutter Courage“ inspirierten Trilogie zu arbeiten, indem sie einen CHOR aus jüdischen und muslimischen Müttern und Kindern sowie aus israelischen Soldaten schuf. Weitere Teile der Trilogie – HYMNE AN DIE LIEBE und M(OTHER) COURAGE – entstanden in Polen und Deutschland. Darin befasste sich die Regisseurin mit dem sich allseits verstärkenden Nationalismus, dem Horror und der verlockenden Schönheit der Gemeinschaft, die auf der Ausgrenzung der Anderen gründet. Die Trilogie kehrte auch zur schwierigsten kollektiven Erfahrung der Menschheit zurück – zum Holocaust – und diagnostizierte diverse Räume des kollektiven Nicht-Bewusstseins.

Als Reaktion auf die rechte Regierung in Polen und den von ihr verübten Anschlag auf die demokratische Grundordnung rief Górnicka den CHOR DER POLEN ins Leben und veranstaltete eine gemeinsame Chor-Lesung der VERFASSUNG [Konstytucja]. In diesem Chor standen Seite an Seite Vertreter des rechten und des linken Lagers der tief gespaltenen polnischen Gesellschaft. Juden, Katholiken, Kinder, Rentner, Personen mit Down-Syndrom, Schauspieler und Schauspielerinnen des Nowy Teatr und des CHORS DER FRAUEN, weibliche Flüchtlinge, die sich in Polen vergeblich um Asyl bemühten, Vertreter der vietnamesischen Gemeinschaft, Mitglieder des Schützenverbandes „Strzelec“. Diese Vielfalt war nicht so sehr theatrales Abbild der Gesellschaft, als vielmehr eine Gesellschaft in all ihren Widersprüchen, Spannungen und unüberwindbaren Gegensätzen. Die durch das gemeinsame Sprechen des polnischen Verfassungstexts in verschiedenen Sprachen und zugleich mit einer menschlichen Stimme sprach.

Als Marta Górnicka 2018 das GRUNDGESETZ vor dem Brandenburger Tor zu Gehör brachte, stellte sie einen fünfzigköpfigen CHOR aus Berlinern mit Migrationshintergrund zusammen, um die deutsche Verfassung einem Stresstest zu unterziehen. Unterschiedliche Körper und Stimmen, hinter denen individuelle Geschichten standen, die dem Spiel der politischen Kräfte ausgesetzt waren, begegneten sich im öffentlichen Raum, um die entscheidende Frage zu stellen: Kann das GRUNDGESETZ die Grundlage sein für eine Gemeinschaft, deren Identität offen für Vielfalt ist?

Die kollektive Stimme des CHORES entfaltet in Marta Górnickas Arbeiten revolutionäre Wucht. Sie ist ein Werkzeug des politischen Engagements, aber auch der Raum dessen, was allen ohne Wenn und Aber gemein ist. Die Stimme wird von Körpern hervorgebracht und von Körpern aufgenommen – egal, in welcher Sprache sie sprechen, woher sie kommen, was für eine Geschichte, Identität und religiöse Konfession sie haben. Und um eine Stimme hervorzubringen, braucht man Atem, den man sich mit anderen teilt. Marta Górnickas CHOR spiegelt bereits in seiner Form die gegenseitige menschliche Abhängigkeit und die nicht-reduzierbare menschliche Vielfalt wider. Gerade heute, wenn der CHOR nicht gemeinsam Atem holen kann und nicht – wie vor dem Brandenburger Tor – von Tausenden gehört werden kann, spürt man das besonders stark.

Ausstellungsdaten: Samstag, 12. September – Sonntag, 8. November 2020

Gallery Weekend Berlin: Samstag, 12. September + Sonntag, 13. September 2020 von 12 – 19 Uhr

Zeitgleich mit „Multitude“ bei Ebensperger Berlin wird im neu eingerichteten Gorki Kiosk das Institut der politischen Stimme von Marta Górnicka mit einer Reihe von Interventionen zu Gast sein:

Donnerstag, 10. September 2020: 18, 19 und 20 Uhr
Freitag, 11. September 2020: 16, 18 und 20 Uhr
Samstag, 12. September 2020: 16, 18 und 20 Uhr
Sonntag
, 13. September 2020: 16, 18 und 20 Uhr

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