post-title Dan Lie | Remains Remembering | Galerie Barbara Wien | 25.04.-09.08.2024

Dan Lie | Remains Remembering | Galerie Barbara Wien | 25.04.-09.08.2024

Dan Lie | Remains Remembering | Galerie Barbara Wien | 25.04.-09.08.2024

Dan Lie | Remains Remembering | Galerie Barbara Wien | 25.04.-09.08.2024

bis 09.08. | #4237ARTatBerlin | Galerie Barbara Wien zeigt ab 25. April 2024 (Vernissage: 26.04.) die Ausstellung Remains Remembering des/der Künstler*in Dan Lie.

Dan Lie lebt und arbeitet seit 2020 in Berlin und wurde mit dem ars viva-Preis 2024 und dem Preis der Nationalgalerie 2024 ausgezeichnet. In den letzten zehn Jahren hat Lie eine Praxis entwickelt, die Zeichnungen, Skulpturen und großformatige Installationen umfasst. Die Werkgruppen beruhen auf langfristigen Recherchen zu Themen wie Zeit, unserem vorbelasteten Verständnis von Tod und den ihm zugrunde liegenden Binaritäten und Tabus. In den ortsspezifischen Installationen, die zuletzt im New Museum in New York und auf der 35. Bienal de São Paulo ausgestellt wurden, arbeitet Lie mit nicht-menschlichen Existenzformen zusammen – Bakterien, Pilzen und Insekten, die die organische Materie, aus der ihre Installationen bestehen, umwandeln.
Die in Remains Remembering gezeigten Arbeiten sind während einer Residency bei Callie’s, Berlin entstanden und lassen wechselseitige Beziehungen erkennen. Entwicklungen in den Zeichnungen beinflussten die Formen der Skulpturen und umgekehrt fanden Elemente der Skulpturen ihren Weg in die Zeichnungen. Dieser Prozess wurde dadurch ermöglicht, dass Lie zum ersten Mal Zugang zu einem Atelierraum hatte, der groß genug war, um an mehreren Zeichnungen und Skulpturen gleichzeitig zu arbeiten.
Lie wurde stark vom Comic-Verlag der Großeltern beeinflusst, der Toko Buku Liong hieß, was auf Deutsch „Der Liong-Buchladen“ bedeutet. Der Verlag war in den 1950er-Jahren in Semarang, Indonesien, aktiv. Lie erhielt seit der Kindheit eine zeichnerische Ausbildung und wandte sich erst gegen Ende des Universitätsstudiums von diesem Hintergrund ab, um ortsspezifische Installationen zu entwickeln. Dieser Wandel begann mit der künstlerischen Beteiligung an der Organisation von Partys in Off-Spaces, für die Lie Installationen entwickelte, die nur eine Nacht lang zu sehen waren. Das Wiederaufleben der Zeichnung in Lies Praxis ist eng mit der Ankunft in Berlin 2020 während des Pandemie-Lockdowns verbunden, als Lie – eingeengt durch die physischen Beschränkungen – wieder zu zeichnen begann. Während die Skizze für Lie immer schon ein Werkzeug zur Entwicklung von Installationen war, sind die Zeichnungen ab 2020 eigenständige Werke und unterscheiden sich deutlich in ihrer visuellen Sprache.
In der zeichnerischen Praxis verwendet Lie eine Vielzahl von Medien auf Papier, darunter Ölstift, Kohle, Aquarell, verdünnte Gouache und verschiedene Pastellfarben – ölig, weich und trocken. Die Darstellungen der nicht-menschlichen Protagonisten und die Grundformen von The Subtle und The Four Urns (beide 2024) sind vereinfacht und skizzenhaft und erinnern an Comic-Zeichnungen, die sich aus nur wenigen Linien zusammensetzen. Im Gegensatz dazu sind die Hintergründe durch mehrere Schichten gekennzeichnet, die den Objekten im Vordergrund Tiefe und Stabilität verleihen. Lie vergleicht die Zeichenpraxis mit dem Schreiben eines Briefes oder einem Schachspiel. Der Prozess beginnt mit einer flüchtigen Kritzelei, um das Papier zu aktivieren, was zu einem intuitiven Wechselspiel führt, bei dem Lie Elemente hinzufügt, innehält, um sie einwirken zu lassen, und abwartet, bis das Verlangen, etwas hinzuzufügen, wieder aufkommt. Dieser Prozess entfaltet sich ohne strategische Planung und endet oft in einem für Lie überraschenden Ergebnis – wenn das Bedürfnis, etwas Neues hinzuzufügen, plötzlich aufhört.
Der Herstellungsprozess von Skulpturen aus den unvergänglichen Überresten sich ansonsten zersetzender Installationen ist ähnlich intuitiv. Lie fügt diese Materialien – die alle ihre eigene Geschichte haben – neu zusammen und lässt so verschiedene zeitliche Ebenen aufeinander- treffen. In Bi-sac, Heritage und Untitled (alle 2024) benutzt Lie Sambe (삼베), einen traditionellen südkoreanischen Hanfstoff, der bei Trauerritualen verwendet wird. Die Arbeiten sind das Ergebnis von Recherchen zu südkoreanischen Trauerzeremonien für die Einzelausstellung 36 Months of Loss im Art Sonje Center in Seoul, die Anfang des Jahres eröffnet wurde. Untitled enthält außerdem Elemente aus der Installation Them, die für die Geneva Biennale – Sculpture Garden 2022 entstand. Bräunliche Flecken auf dem Stoff sind Spuren der Reibung zwischen der Skulptur und der Rinde der Mammutbäume, an denen sie aufgehängt war. Auch Remain (2023) ist aus Zweigen derselben Mammutbäume gefertigt.
The Unloved (2023/2024) ist die Reinkorporation einer Skulptur, die Teil von Lies Ausstellung The Unloved Ones (2023) in der Zwingli-Kirche in Berlin war. Der Titel wirft Fragen des Andersseins in religiösen Gemeinschaften auf. Member 8 war ursprünglich Teil der Installation Grieving Secret Society auf der 58. Carnegie International in Pittsburgh. Regarding Yellow Thoughts (2023/2024) hingegen bezieht sich direkt auf die Gelbtöne, die seit 2018 zu einem charakteristischen Merkmal von Lies Arbeit geworden sind. Lie entschied sich nach Experimenten mit verschiedenen natürlichen Farbstoffen schließlich für Kurkuma, da mit diesem leuchtend gelben Gewürz gefärbte Stoffe zu ihrem ursprünglichen Weiß zurückkehren, sobald sie Sonnenlicht ausgesetzt sind. Wenn sie im Laufe der Zeit von leuchtendem Gelb zu Weiß wechseln, wecken Lies Arbeiten unterschiedliche Assoziationen, wobei Betrachter:innen aus verschiedenen kulturellen Kontexten den Farben wiederum unterschiedliche Bedeutungen zuordnen. So kann sich die symbolische Bedeutung der Werke wandeln und verschieben.
Im Gegensatz zu Lies künstlerischem Ansatz, der darauf abzielt, den Menschen aus dem Mittelpunkt zu rücken, könnten die Stoffskulpturen an tragbare Kleidungsstücke erinnern. Für Lie haben diese Arbeiten jedoch etwas Geisterhaftes, ähnlich wie Stofflaken, die in verlassenen Häusern über Möbel gehängt werden und den Objekten darunter eine neue Körperlichkeit verleihen. Besonders deutlich wird diese Vorstellung in Here (2024), einer Skulptur, die Lies Keramik- und Stoffarbeiten in sich verbindet. Hier sind zwei aufeinander gestellte Vasen – Überreste der Installation Non-Negotiable Condition von 2021 bei Metabolic Rift, Berlin Atonal Festival – wie mit einem Schleier verhüllt. Die zweite Keramikskulptur der Ausstellung, The Whole (2024), besteht aus einem historischen Gefäß, das aus der oben erwähnten Installation Them stammt. Das Gefäß ist bis zum Rand mit einer Flüssigkeit gefüllt, die Essig, Salz und Kurkuma enthält – Rückstände vom Färben der Stoffe. Im Lauf der Zeit beginnt sich die dunkle, reflektierende Oberfläche zu verändern. Das dicke, verknotete Seil, an dem das Gefäß einst in der Luft hing, ist teilweise zerschnitten und zerfasert.
Der Versuch, sich mit Bewegung, Veränderung und Vergänglichkeit auseinanderzusetzen, und die daraus gewonnenen Erkenntnisse haben Lie dazu gebracht, ein Protokoll der Nicht-Akkumulation für sich zu entwickeln. Im Fall von Skulpturen und Zeichnungen musste Lie sich mit der Tatsache auseinandersetzen, dass sich diese Medien nicht mit der gleichen Geschwindigkeit zersetzen wie ephemere Installationen. Seit 2023 hat Lie daher begonnen, ein Konzept der Vergänglichkeit in Zeichnungen und Skulpturen zu integrieren. In diesem Zusammenhang wird eine Frist von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der ersten Präsentation eines Werks festgelegt. Wird eine Arbeit erworben, verbleibt sie auf unbestimmte Zeit in der Obhut der Sammler:innen, und die Frist wird außer Kraft gesetzt. Andernfalls gehen die Werke zurück an das Studio Dan Lie, wo sie in andere Kunstwerke umgewandelt oder zerstört werden. Die Frist für die Werke in Remains Remembering – die alle zum ersten Mal in dieser Form zu sehen sind – wird im Jahr 2029 ablaufen, sollten sie nicht verkauft werden.
Text: Olympia Contopidis, Übersetzung: Barbara Buchmaier
ART AT BERLIN - Galerie Barbara Wien - Dan Lie Remains Remembering
Dan Lie, Here, 2024. Photo: Nick Ash
Dan Lie (geb. 1988) lebt und arbeitet in Berlin, Deutschland. Lie ist Stipendiat:in des Berliner Programm Künstlerische Forschung 2024/25. Lie hatte Einzelaus stellungen u.a. im Art Sonje Center, Seoul, Südkorea (2024); im Kunstverein Braunschweig, Deutschland (2023); in der Zwingli-Kirche, Berlin, Deutschland (2023); im New Museum, New York, USA (2022); im Casa do Povo, São Paulo, Brasilien (2019) und im Jupiter Art Land, Edinburgh, Schottland (2019). Dan Lie hat an zahlreichen Gruppenausstellungen teilgenommen, darunter die 35. Bienal de São Paulo, Brasilien (2023); die Singapur Biennale 2022, Singapore Art Museum; die 58. Carnegie International, Carnegie Museum of Art, Pittsburgh, USA (2022); Geneva Biennale – Sculpture Garden, Genf, Schweiz (2022); Composições para tempos insurgentes, Museum of Modern Art, Rio de Janeiro, Brasilien (2021); Metabolic Rift, Berlin Atonal Festival, Berlin, Deutschland (2021); Park Platz, Berlin-ische Galerie, Berlin, Deutschland (2021); Bouge B Festival, De Singel International Arts Center, Antwerpen, Belgien (2018); die 14. Yogyakarta Biennale, Yogyakarta Nacional Museum, Indonesien (2017); und CCBB Música Performance 4, Centro Cultural Banco do Brasil, São Paulo (2016).

Vernissage: Freitag, 26. April 2024, 18:00 bis 21:00 Uhr

Ausstellungsdaten: Donnerstag, 25. April – Freitag, 9. August 2024

Öffnungszeiten Gallery Weekend: Freitag, April 26, 18 – 21 Uhr, Samstag, April 27, 11 – 19 Uhr, Sonnstag, April 28, 11 – 18 Uhr

Vorschau tage: Donnerstag, April 25, 11 – 18 Uhr, Freitag, April 26, 11 – 18 Uhr

Zur Galerie

 

 

Bildunterschrift Titel: Dan Lie, Untitled, 2024. Photo: Nick Ash

Ausstellung Dan Lie – Galerie Barbara Wien | Zeitgenössische Kunst in Berlin | Contemporary Art | Ausstellungen Berlin Galerien | ART at Berlin

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