bis 15.11. | #4835ARTatBerlin | Kristin Hjellegjerde Gallery Berlin präsentiert ab Donnerstag, 16. Oktober 2025 (Vernissage: 15.10.) die Ausstellung „Body Archive“ der Künstlerinnen Manuela Benaim, Makiko Harris und Emily Pope.
Fragmentierte Körperteile, verdrehte Torsi, maskierte und schwebende Gesichter. Body Archive vereint drei Künstlerinnen, deren Arbeiten sich auf unterschiedliche Weise mit dem weiblichen Körper als Ort, Oberfläche und Symbol auseinandersetzen. Ausgehend von Kunstgeschichte, Mythologie und zeitgenössischen Darstellungen von Weiblichkeit untersuchen die Werke dieser Ausstellung die Komplexität von Persönlichkeit, Begehren, Erinnerung und Identitätsdarstellung.
Emily Popes knapp angeschnittene Gemälde versetzen uns in die beunruhigende Rolle des Voyeurs, als würden wir durch einen Briefschlitz spähen oder eine Peepshow beobachten und dabei einen Blick auf einen Körper erhaschen, der uns gleichzeitig vertraut und fremd erscheint. Dies gilt insbesondere für das Werk, das einen üppigen, milchigen Oberkörper und entblößte Brüste zeigt. Der Körper ist hier ein Archetyp, abgeleitet aus einer Zusammenstellung kunsthistorischer Referenzen und den persönlichen Archiven der Künstlerin – eine Form, die wir schon einmal gesehen zu haben glauben, aber nicht ganz zuordnen können. In ähnlicher Weise rufen Gemälde von den hervorstehenden Schlüsselbeinen und dem eng geschnürten Körper einer Frau ein eindringliches Gefühl der Wiedererkennung hervor, auch wenn der Kontext dieser Figuren bewusst weggelassen wurde und wir die Lücken selbst füllen müssen. Diese Werke laden uns ein, halten uns aber gleichzeitig auf Distanz und fordern uns heraus, nicht nur über die lange Geschichte der Objektivierung von Frauen nachzudenken, sondern auch darüber, wie kulturelle Symbole Bestand haben, selbst wenn sich ihre Bedeutung auflöst.
Es stellt sich die Frage: Ist es der Körper, der für uns performt, oder ist es unsere Perspektive, die das Bild prägt? Vielleicht ist es auch eine Kombination aus beidem. Popes Gemälde fordern uns auf, uns mit der Schwierigkeit auseinanderzusetzen, übertragene Vorstellungen von der weiblichen Form zu überwinden, und hinterfragen gleichzeitig, wie diese Symbole weiterhin unser Verständnis von Identität prägen.
Auch Makiko Harris setzt sich in ihren Arbeiten mit den kulturellen und sozialen Erwartungen auseinander, die an den weiblichen Körper gestellt werden. Neue Werke aus ihrer fortlaufenden Stocking Series zeigen mehrdeutige, fleischige Körperteile, die sich gegen etwas abzeichnen, das zunächst wie Netzstrumpfhosen aussieht, bei näherer Betrachtung jedoch eine starre Schicht aus verzinktem Stahl offenbart. Was zunächst als fetischisierter oder verletzlicher Körper gelesen werden könnte, wird stattdessen zu einer bewussten Manipulation von Sichtbarkeit und Verhüllung. Das Stahlnetz ersetzt die Weichheit traditioneller Dessous und verwandelt den Akt des Enthüllens in eine Bekräftigung von Kontrolle, Autonomie und Widerstand. Mit dieser Verschiebung kritisiert Harris die seit langem bestehende Kommodifizierung der weiblichen Form und behauptet, dass das Sichtbare nicht immer eine passive Einladung ist, sondern eine aktive Verhandlung darüber, wie der Körper gerahmt und verstanden wird.
Zum ersten Mal erweitert Harris diese Forschungsrichtung auch durch Porträts, in denen das Stahlnetz zu einer Maske wird, die die Figur gleichzeitig verbirgt und auf darunter liegende Schichten des Unbewussten hinweist. Auch hier suggeriert die Verwendung von Stahl, dass Sichtbarkeit – oder deren Vorenthaltung – ein Akt der Macht sein kann. Durch die Entscheidung, was sie offenbart und was sie verbirgt, lädt Harris uns dazu ein, über die Autonomie der Selbstdarstellung in einer Welt nachzudenken, in der der weibliche Körper einer ständigen Bewertung unterliegt.
Eine Reihe von Skulpturen von Manuela Benaim – Gesichter, die in Silikon gegossen und in Harz versiegelt sind – befasst sich ebenfalls mit der Art und Weise, wie der Körper betrachtet wird. In der Zeit eingefroren, werden diese Gesichter zu Überresten verworfener Identitäten oder Porträts eines Moments kurz vor der Verwandlung. Sie suggerieren die Möglichkeit vieler Leben innerhalb eines einzigen Lebens – Identitäten, die erneuert, erweitert und ständig im Werden begriffen sind. Benaims Wahl von Silikon, das die Haut imitiert, und Harz, das sowohl konserviert als auch verdeckt, spiegelt die Spannung zwischen Erinnerung und Möglichkeit wider. Hier ist Konservierung kein Endpunkt, sondern eine Pause vor der nächsten Wiederholung.
Neben den Gesichtern präsentiert Benaim eine Reihe gerahmter Bauchnabel: andächtige Silikonabdrücke, die das intime Terrain des Körpers einfangen. Diese Bauchnabel werden zu stillen Denkmälern der Herkunft – Markierungen der Verbindung zwischen Selbst und Abstammung, Individualität und der gemeinsamen menschlichen Existenz. Jede Form mit ihren Sommersprossen, Falten und feinen Härchen würdigt sowohl Einzigartigkeit als auch Gemeinsamkeit und bietet Raum für das, was gewesen ist und was noch entstehen könnte. Auf diese Weise lädt uns Body Archive dazu ein, darüber nachzudenken, wie unser Verständnis vom Körper und unsere Beziehung zu ihm nicht nur von Geschichte und Kultur geprägt sind, sondern auch, wie wir Raum für Rückeroberung, Widerstand und Neukonzeption finden können.
Vernissage: Mittwoch, 15. Oktober 2025, 18 – 21 Uhr
Ausstellungsdaten: Donnerstag, 16. Oktober – Samstag, 15. November 2025
Bildunterschrift Titel: Emily Pope, Shadow Puppet, 2025, Öl auf Leinwand, 35.6 x 61 cm
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