until 06.03. | #0375ARTatBerlin | Daniel Marzona is happy to present from the 6th Februar 2016 “Inverrision”, the first solo exhibition by Aron Mezhion in the gallery.
Here you find the exhibition description in German language:
Dreidimensionale Objekte lassen sich nicht durch Ab- und Umgussverfahren in ihr eigenes Spiegelbild überführen. Abformen, umstülpen, ausgießen; welches Verfahren man immer anwenden mag: niemals entstehen zwei spiegelsymmetrische Skulpturen. Aus einem linken Handschuh lässt sich kein rechter machen; man muss einen neuen nähen. Diese Erfahrung machte Aron Mehzion bereits Anfang der 1990er Jahre als Student an der Kunstakademie Düsseldorf. Seither hat jene unmögliche Umformung ihn nicht losgelassen. Er ist ihr nachgegangen auf den Spuren Marcel Duchamps, der die vierte Dimension künstlerisch erkundet hat und auf den Spuren von H.G. Wells, der seinen Gottfried Plattner spiegelverkehrt und mit dem Herzen in der rechten Körperhälfte aus der vierten Dimension zurückkehren ließ.
Der vierdimensionale Raum ist der Ort, der diese Transformation ermöglicht: So wie eine zweidimensionale Form durch Umklappen – Drehung um eine Achse herum in der dritten Dimension – in ihr Spiegelbild überführt werden kann, lässt sich eine dreidimensionale Figur in der vierten Dimension um eine Ebene herum drehen und so in ihr eigenes Spiegelbild überführen. Nun ist uns eine vierte räumliche Dimension nicht zugänglich, eine solche Drehung niemals durchführbar. Sie liegt jenseits unserer Wahrnehmungsmöglichkeiten in der Logik mathematischen Denkens. Die an Überschreitungen des bloß Sichtbaren interessierte künstlerische Avantgarde war von diesem Konzept nachhaltig fasziniert. Kubismus, Surrealismus, Futurismus, Suprematismus, aber auch Bauhaus und De Stijl haben sich mit diesem Denkmodell künstlerisch auseinandergesetzt. Mit dem Vorschlag einer fünfdimensionalen Raumzeit – der Kaluza-Klein-Theorie – lebt aber auch die Realität eines mehrdimensionalen Raums in den Modellen von Supergravitation und Superstringtheorie der aktuellen Physik fort.
Spiegelsymmetrische Skulpturen lassen sich heute auf technischem Wege mit 3D-Druckern herstellen. Aron Mehzion hat mit diesem Verfahren in den vergangenen Jahren experimentiert. Dabei entstand eine Werkserie, die sich – vielleicht erstmals seit Duchamp – auf grundsätzliche Weise mit einer vierdimensionalen Perspektive befasst. Konstitutiv für seine Arbeiten ist der Einsatz halb-transparenter Spiegel. Zwischen zwei spiegelsymmetrische Figuren gestellt, erlauben sie perfekte Überlagerungen oder Durchdringungen des Spiegelbildes der einen mit der Durchsicht auf die andere Figur. Die Oberfläche des Spiegels gewährt so einen Blick der sowohl reflektiert als auch durchdringt. Im Zusammenspiel mit den Skulpturen ergibt es sich, dass eine Hand zugleich eine linke und eine rechte Hand ist. Dies ist kein Oszillieren oder Umschlagen der einen in die andere Möglichkeit, sondern eine in jedem Betrachtungsmoment und aus jedem Betrachtungswinkel wahrnehmbare, unlösbare Verschmelzung der Gegensätze zu einem Bild. Der Arm, der bei der einen Skulptur fehlt, ist im Spiegel zugleich da und nicht da, und er ist zugleich ein rechter und ein linker Arm.
Die Spiegel von Aron Mehzion lassen eine Welt aufscheinen, die nicht betreten werden kann, die aber dennoch in den Möglichkeitsräumen von Physik und Mathematik präsent ist. Seine großformatigen Zeichnungen sind ihnen nicht unähnlich. Sie bestehen aus iterierenden zeichnerischen Formen, die sich zwar jede für sich auf Gegenständliches beziehen, in der Wiederholung aber die Auflösung des Gegenständlichen betreiben. Auch sie deuten eine Perspektive an, lösen Fläche und Form auf und fordern die Wahrnehmung heraus.
(Text: Falk Wolf)
Vernissage: Friday, 05th February 2016 – 6:00 – 9:00 p.m.
Exhibition period: Saturday, 06. February to Sunday, 06th March 2016
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Image caption: Aron Mezhion – via Daniel Marzona
Aron Mehzion Exhibition – Daniel Marzona – Kunst in Berlin ART at Berlin