post-title TURN OF A CENTURY | Galerie Guido W. Baudach | 14.11.-19.12.2015

TURN OF A CENTURY | Galerie Guido W. Baudach | 14.11.-19.12.2015

TURN OF A CENTURY | Galerie Guido W. Baudach | 14.11.-19.12.2015

TURN OF A CENTURY | Galerie Guido W. Baudach | 14.11.-19.12.2015

bis 19.12. | #0265ARTatBerlin |Galerie Guido W. Baudach zeigt ab dem 14. November 2015 die Gruppenausstellung „Turn of a century“ mit Werken aus dem Berlin der Jahrtausendwende unter Teilnahme von André Butzer, Björn Dahlem, Thilo Heinzmann, Thomas Helbig, Andy Hope 1930, Erwin Kneihsl, Markus Selg und Thomas Zipp.

Die Zeit der Jahrtausendwende war vielerorts in der Welt eine Zeit der Aufbruchsstimmung. Nicht so in Berlin. Hier wurden etwaige Erwartungen an das Millennium von einer allgemeinen Katerstimmung nach der Euphorie des Mauerfalls sowie von der aktuellen Misere der Stadt überlagert. Die Verschuldung befand sich auf Rekordniveau, die Wirtschaft lahmte und das Vertrauen in die Politik ging skandalbedingt gegen Null. Von positiven Zukunftsaussichten keine Spur.

Neben der bereits international gefeierten Berliner Clubszene war es allein der Kulturbetrieb der Stadt, der in dieser Situation noch florierte, insbesondere die schon seit Mitte der Neunziger Jahre im steten Aufwind sich befindende Kunstszene. Verantwortlich dafür waren einerseits die Künstler, die ausgesprochen zahlreich und von überall her in die offene, freiheitbietende Stadt kamen, und andererseits die Galerien, die sich in stetig wachsender Zahl vor allem im Bezirk Mitte ansiedelten und viele der in Berlin ansässigen Künstler in ihr Programm aufnahmen. Gemeinsam sorgten Künstler und Galerien dafür, dass Berlin in der Zeit der Jahrtausendwende nicht nur seine einstmalige Stellung als die deutsche Kunstmetropole zurückgewann, sondern sich gleichzeitig anschickte, zum zeitweilig angesagtesten Hotspot für zeitgenössische Kunst weltweit zu avancieren.

Die Ausstellung versammelt Werke von acht Künstlern, die an dieser Entwicklung Anteil hatten und gleichzeitig die Programmatik der Galerie Guido W. Baudach entscheidend prägten – André Butzer, Björn Dahlem, Thilo Heinzmann, Thomas Helbig, Andy Hope 1930, Erwin Kneihsl, Markus Selg und Thomas Zipp. Sie alle kamen Mitte, Ende der Neunziger Jahre an die Spree und bereicherten die Kunstszene der Stadt mit dem Wissen und den verschiedenen Einflüssen, die sie von andernorts mitbrachten, sowie mit ihrem innovativen Geist, der gerade im Berlin jener Tage auf ausgesprochen fruchtbaren Boden fiel. Thomas Helbig und Andy Hope 1930 hatten zuvor in München und London studiert und dort beide dem losen Künstlerkollektiv Deutsch-Britische Freundschaft angehört, welches eine Reihe vielbeachteter Ausstellungen organisierte. Thilo Heinzmann und Thomas Zipp kamen als ehemalige Studenten der Frankfurter Städelschule nach Berlin und teilten mit ihrem früheren Lehrer Thomas Bayerle das Interesse an einer zeitgemäßen Fortentwicklung der Malerei. André Butzer und Markus Selg, beide ehedem Mitbegründer der schon damals legendären Akademie Isotrop, einem freien, unabhängigen Verbund von Künstlern unterschiedlichster Disziplinen mit autonomem Lehrprogramm, siedelten 1999, als die Akademie Isotrop nach fünf hochproduktiven Jahren zerfiel, aus Hamburg nach Berlin über. Zur selben Zeit kamen auch Björn Dahlem und Erwin Kneihsl nach Berlin, der eine als junger Absolvent der Düsseldorfer Kunstakademie und ehemaliges Mitglied der Künstlergruppe HobbyPop, der andere als fast zwanzig Jahre älterer Rückkehrer aus Wien, wo er an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt Fotografie studiert hatte, ehe er Mitte der Siebziger erstmals als Künstler nach Berlin gezogen war.

Die ausgestellten Fotografien, Collagen, Zeichnungen, Malereien und Skulpturen stammen aus den Jahren 1999 bis 2001. Sie belegen die formale wie inhaltliche Bandbreite der künstlerischen Produktion im Berlin jener Zeit. Sie zeigen aber auch, wie nachdrücklich Künstler im Berlin der Jahrtausendwende in bewusster Auseinandersetzung mit der kunsthistorischen Tradition und jenseits aller Anbiederung an die vorherrschenden Trends der Zeit die Möglichkeiten neuer Ausdrucks- und Gestaltungsformen im Kontext zeitgenössische Kunst ausloteten.

So trat André Butzer beispielsweise an, um mittels seiner Malerei einen eigenen Kosmos zu entwerfen. Die Ausstellung zeigt das Gemälde Friedens-Siemens IV, eines der ersten in Berlin entstandenen Bilder der gleichnamigen Serie. Mit diesen Porträts einer freundlichen Spezies von körperlosen Kopffüsslern, hauptsächlich in schwarz-weiss gehaltenen, leitete Butzer im Jahr 2000 den Übergang in eine neue Werkphase ein. In der Folge wurden die Friedens-Siemense zum zentralen Personal seines Science-Fiction-Expressionismus der Nuller Jahre und bevölkerten gemeinsam mit anderen comic-haften Wesen die utopische Welt von Nasaheim.

Björn Dahlems bildhauerisches Schaffen machte sich zur selben Zeit ebenfalls den Himmel zum Thema. Die Installation Schwarzes Loch (M-Sphären) ist formal wie inhaltlich als frühes „signature piece“ des Künstlers zu werten. Ursprünglich in der Kunsthalle St. Gallen ausgestellt und im Sommer 2003 bei einem Brand im Museum Hamburger Bahnhof zerstört, hat Dahlem diese erste seiner raumgreifenden Ins-Bild-Setzungen der dunklen Riesen des Weltalls eigens für die Ausstellung rekonstruiert.

Auch Thilo Heinzmanns O. T. aus dem Jahr 2000 steht stellvertretend für einen damals neuen Werkkomplex des Künstlers. Denn erst im Jahr zuvor hatte Thilo Heinzmann in seinem Streben nach einer Erneuerung der Malerei das Styropor als Malgrund für sich entdeckt und begonnen, diesen mit monochromen Kompositionen in rot oder schwarz pigmentiertem Epoxidharz zu bearbeiten, teils per Dripping, teils per Walzentechnik.

Thomas Helbigs Gemälde Ikone von 2001 wiederum verbindet in seiner Zeichenhaftigkeit bei gleichzeitigem Detailreichtum in geradezu prototypischer Weise europäische Volkskunst und frühe Avantgarde, also jene beiden Einflüsse, auf die Helbig in seiner vielfältigen künstlerischen Praxis bis heute immer wieder Bezug nimmt und deren ursprüngliche Verknüpfung ihn beständig umtreibt.

In den zwischen Malerei, Zeichnung und Collage changierenden Arbeiten, die Andy Hope 1930 zur Jahrtausendwende als Neuankömmling in Berlin herstellt und von denen die bislang nie gezeigten Machiavelli Transfer und The Trees are… aus dem Jahr 2000 in der Ausstellung zu sehen sind, trifft man dagegen auf die für den Künstler auch in der Folgezeit so typische Anverwandlung von Superhelden-Comics, Fantasy-, Splatter- und Sci-Fi-Geschichten sowie auf deren gleichzeitige Kontextualisierung im Feld der zeitgenössischen Kunst.

Erwin Kneihsls 1999 erstelltes monumentales Künstlerbuch Alexanderplatz, welches im Zentrum der Ausstellung steht, liefert mit seinen zahlreichen, teils in mehreren Schichten übereinandermontierten schwarz-weiß Fotografien eine ebenso ungeschönte wie gleichwohl künstlerisch stilisierte Dokumentation des Alltags an Berlins urbanstem Ort zur Zeit die Jahrtausendwende, die ähnlich wie siebzig Jahre zuvor Alfred Döblins gleichnamiger Epochenroman der Stadt und deren gesellschaftlichen Außenseitern und Randgruppen ein Denkmal setzt.

Markus Selg, einer der Pioniere der computergenerierten Malerei, ist in der Ausstellung mit der großformartigen Papierarbeit Rendezvous (Ersatz) aus dem Jahr 2000 vertreten, in welcher die Begegnung zweier mutantenähnlicher Wesen vor dunklem Hintergrund zu sehen ist. So fantastisch und irreal die beiden Figuren und die gesamte Szenerie auf den ersten Blick wirken mögen, so leicht lässt sich bei der ganz bewusst auf Überzeichnung angelegten Darstellung auch an eine Begebenheit aus dem urbanen Nachtleben denken.

STURM at Lake Placidvon Thomas Zipp zählt zu einer um die Jahrtausendwende an verschiedenen Orten entstandenen Gemäldeserie des Künstlers, den sog. Dirt-Bildern, mit denen Zipp dem Ansatz folgte, das Leben selbst am Malprozess teilhaben zu lassen, indem er seine Leinwände überall mit sich herumtrug und sie mit allen Umwelt- und sonstigen Einflüssen in Kontakt treten ließ, denen er auch sich selbst ausgesetzt sah, bevor er sie durch eine gezielte Wahl des Bildausschnitts und sehr präzise, oftmals nur minimale zusätzliche Setzungen als Malereien fertigstellte.

Die ausgestellten Werke aus der Zeit der Jahrtausendwende sind beispielhafte Zeugnisse sowohl für wichtige, zukunftsweisende Schaffensphasen der jeweiligen Künstler als auch für einen besonders innovativen und produktiven Moment der jüngeren Berliner Kunstgeschichte. Die Ausstellung soll allerdings nicht allein zur Wiederbegegnung und Rückschau einladen. Sie bietet auch die Möglichkeit, Kunst der späten Neunziger und frühen Nuller Jahre auf ihre Relevanz im gegenwärtigen Kunstkontext hin zu untersuchen sowie die ein oder andere vergleichende Betrachtung zum Kunststandort Berlin damals und heute anzustellen.

Vernissage: Freitag, 13. November 2015, 18 Uhr

Ausstellungsdaten: Samstag, 14. November – Samstag, 19. Dezember 2015

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Bildunterschrift: Markus Selg, Diamantenräuber, 2000, UV-print on alu dibond, 80 x 80 cm

Turn of the Century – Galerie Guido W. Baudach – Kunst in Berlin ART at Berlin

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